Zu einer Serie von Schockanrufen kam es nach Angaben der Polizei am vergangenen Mittwoch, 17. Mai, im südlichen Oberallgäu. Callcenter-Betrüger nahmen dabei auch ein Oberallgäuer Ehepaar (80 und 82 Jahre) ins Visier. Die Betrüger tischten den Senioren eine Lügengeschichte über einen Unfall auf, in dem einer ihrer Familienangehörigen verwickelt sei.
Senioren sammeln im Oberallgäu unter Anleitung der Betrüger Wertgegenstände im Haus zusammen
Ein vermeintlicher Staatsanwalt forderte die Senioren anschließend auf, sofort eine Kaution zu zahlen. So könnten sie verhindern, dass ihr Angehöriger in Untersuchungshaft müsse.
Die Senioren gingen dem Betrüger auf den Leim. Unter seiner Anleitung sammelte das Ehepaar sämtliche Wertgegenstände zusammen, die sie in ihrem Haus vorfanden. Ihr Wert belief sich auf etwa 75.000 Euro. Im guten Glauben, ihrem Angehörigen aus einer Notlage zu helfen, übergab der ältere Herr diese zwischen 14:30 und 15:30 Uhr in Burgberg, im Ortsteil Ortwang auf der Straße einem unbekannten Mann.
Beschreibung des Betrügers, der Beute in Burgberg abholte
Der 82-Jährige beschrieb den Abholer folgendermaßen:
- circa 25 Jahre alt
- etwa 1,78 Meter groß
- helle Hautfarbe
- kurze, dunkelbraune Haare mit Scheitel, leicht gegelt
- schlank, sportliche Figur
- elegante Erscheinung
- lange grüne Hose, die ins Gräuliche geht
- dunkler Strickpullover
- er trug weder eine Jacke, noch eine Brille und auch keinen Bart
Kriminalpolizei Kempten sucht nach Zeugen
Die Kriminalpolizei Kempten sucht nun nach Zeugen. Die Beamten interessiert vor allem Folgendes:
- Wer hat am Mittwoch, 17. Mai, in Burgberg, Ortsteil Ortwang Verdächtiges beobachtet?
- Wer hat einen Mann gesehen, auf den die Beschreibung passt?
- Ist jemandem ein Auto mit auswärtigem Kennzeichen in dem Bereich aufgefallen?
Weil der Mann zu Fuß vom Übergabeort davonging, könnte ein Auto in unmittelbarer Nähe auf ihn gewartet haben. Zeugenhinweise nimmt die Kriminalpolizei Kempten unter der Telefonnummer 0831/99090 entgegen.
Auch 66-Jährige im Unterallgäu fällt auf Betrugsmasche herein
Doch nicht nur das Seniorenpaar im Oberallgäu fiel auf die Betrüger herein, auch bei einer 66-Jährigen aus dem Unterallgäu hatten sie mit ihrer Masche "Schockanruf" Erfolg.
Die Täter gaben sich am Telefon teils als Polizisten, teils als Staatsanwälte aus und täuschten der Geschädigten vor, ihre Tochter habe einen schweren Verkehrsunfall verursacht. Nur wenn sie eine Kaution zahle, bliebe ihr die Untersuchungshaft erspart.
Betrüger überwachen Frau telefonisch bis zur Übergabe in Memmingen
Die Frau wurde durchgehend telefonisch überwacht, als sie nach Memmingen fuhr und dort auf offener Straße einen mittleren fünfstelligen Geldbetrag an ein Mitglied der Betrügerbande übergab, das sich als Justizangestellter ausgab. Die Kriminalpolizei Memmingen ermittelt nun wegen Betrugs.
Die Masche „Schockanruf“
Die sogenannten „Schockanrufe“ setzen darauf, dass ihre Opfer durch die vermeintliche Schreckensnachricht so unter Schock stehen, dass die Täter sie zu unüberlegten Handlungen bewegen können. Sie täuschen ihren Opfern vor, dass sich ihre Verwandte oder nahe Bekannte in einer Notlage oder Gefahr befänden, die nur durch Geldzahlungen abgewendet werden könne.
Oft erzählen sie, dass ihre Lieben einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hätten. Am Telefon erklärt der vermeintliche Staatsanwalt oder Polizist dann, dass ihnen nur durch eine hohe Kaution eine Haftstrafe erspart bliebe. Durch geschickte Gesprächsführung setzen die Betrüger ihre Opfer psychisch unter Druck und drängen sie zu Geldzahlungen.
Die Fallzahlen im Dienstbereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West
Die Polizei im Dienstbereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West zeigte 2022 fast 800 Fälle an, bei denen Betrüger durch "Schockanrufe" versuchten an Geld zu kommen. In den meisten Fällen blieb es beim Versuch. Doch in 27 Fällen hatten die Betrüger Erfolg - und erbeuteten so Geld und Wertgegenstände im Wert von fast zwei Millionen Euro.
Für die Täter war das wohl ein so lukratives Geschäft, dass sie auch 2023 munter damit weitermachen. Im Dienstbereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West waren sie 2023 bereits in fünf Fällen erfolgreich. Dabei kamen sie an über 200.000 Euro.
Tipps der Polizei
Bei wem das Telefon klingelt, der sollte wissen:
- Polizisten, Staatsanwälte oder Richter werden Euch niemals um Geldbeträge oder Wertgegenstände bitten!
- Gebt am Telefon keine Details zu Euren finanziellen Verhältnissen preis!
- Lasst Euch am Telefon nicht unter Druck setzen. Legt einfach auf!
- Übergebt niemals Geld an Unbekannte!
- Ruft beim geringsten Zweifel bei der Behörde an, von der die angebliche Amtsperson kommt. Sucht die Telefonnummer der Behörde selbst heraus!
Doch es gibt nicht nur die Betrugsmasche "Schockanruf" per Telefonanruf. Manchmal kontaktieren Täter ihre Opfer auch über einen Messenger-Dienst. Wer seine Lieben davor warnen möchte, für den hat die Polizei entsprechende Vorlagen herausgeben. Weitere Betrugsmaschen sind unter anderem falsche Gewinnversprechen, vermeintliche Viren auf dem Computer, Phishing-Mails oder - ganz neu - SMS von angeblichen Finanzämtern wegen vermeintlicher Steuerschulden.