Schon vor Monaten hatten die schwäbischen Landkreisvertreter gewarnt, dass sie vor Ort auf eine Notlage zusteuern, wenn sich nichts an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ändert. Die Flüchtlingszahlen steigen jedoch weiterhin massiv an. Auch im Allgäu wird die Lage immer verzweifelter. Ende August schrieb der bei der Tagung ebenfalls anwesende Unterallgäuer Landrat Alex Eder einen Brief an Bundekanzler Scholz, in dem er klare Worte findet.
Unterbringungsmöglichkeiten sind erschöpft
Laut der schwäbischen Regierungspräsidentin, Barbara Schretter, liegt die Anzahl der Flüchtlinge aktuell bei 30 bis 40 Prozent über den Zugangszahlen des Vorjahres. Die dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten sind einer Pressemitteilung des Bezirksverbands Schwaben zufolge in allen schwäbischen Landkreisen nahezu erschöpft, weshalb immer mehr Landkreise auf Turnhallen, Messehallen, Zeltplätze oder sogar auf eine Traglufthalle zurückgreifen müssen. Auch in Mindelheim muss jetzt eine Turnhalle als Flüchtlingsunterkunft herhalten.
Notlösungen sorgen für Probleme
Diese Formen der Unterbringung halten die Landkreisvertreter jedoch für unangemessen. "Viele Menschen müssen in den Hallen auf engstem Raum über längere Zeit zusammenleben. Dies begünstigt die schnelle Ausbreitung von Krankheiten und Konflikten zwischen verschiedenen Nationalitäten. Dies gefährdet sowohl die Geflüchteten in den Unterkünften, als auch die Mitarbeiter vor Ort“, erklärt der Vorsitzende des Bezirksverbands Schwaben, der Lindauer Landrat Elmar Stegmann der Pressemitteilung zufolge.

Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt
Stegmann fügt hinzu: "Erschwerend kommt hinzu, dass uns kaum noch privater Wohnraum angeboten wird. In den einzelnen Landkreisen spüren wir deutlich, wie die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Aufnahme von Geflüchteten sinkt". Sogenannte "Fehlbeleger" würden dem Bezirksverband zufolge zu einer Verschärfung des Problems beitragen. Dabei handelt es sich um Menschen, die bereits einen Aufenthaltstitel erhalten haben und dazu berechtigt sind, sich eine eigene Wohnung zu nehmen. Wegen des sehr angespannten Wohnungsmarktes in ganz Schwaben gestaltet sich diese Suche jedoch als äußerst schwierig. Viele finden keine Wohnung und würden deshalb in den Unterkünften die Plätze belegen, die dringend für die Aufnahme neu zugewiesener Flüchtlinge benötigt werden.
Landräte fühlen sich im Stich gelassen
Die schwäbischen Landräte fühlen sich von der Bundesregierung mit den Problemen vor Ort vollkommen alleine gelassen und fordern deshalb eine Kursänderung in der Flüchtlingspolitik: "Die Zuwanderung muss bereits an den europäischen Außengrenzen kontrolliert werden. Zudem plädieren wir für die zeitnahe Rückführung der Menschen, deren Asylverfahren abgelehnt und rechtskräftig abgeschlossen ist sowie von Personen, die Straftaten begehen. Auch sollte die Bundesregierung kritisch hinterfragen, ob nicht durch die Ausweitung von Sozialleistungen Anreize für weitere Migration geschaffen werden", so Stegmann.
Bayern soll Kosten erstatten
Auch die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sowie der Familien mit einem erhöhten Jugendhilfebedarf nimmt weiter zu. Dadurch steigen die Jugendhilfekosten, die die Landkreise selbst stemmen müssen, deutlich an. "Wir können diese hohen Kosten nicht weiter tragen und fordern deshalb den Freistaat Bayern dazu auf, diese Kosten zu erstatten“, so die Landkreisvertreter einhellig.
Appell an Regierung
Landrat Stegmann betont abschließend, dass es der gemeinsame Wille aller Landkreisvertreter ist, Menschen, die nach Schwaben kommen, adäquat unterzubringen. "Wir stoßen jedoch zunehmend an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit und fordern daher dringend, dass die Bundesregierung die Probleme der Kommunen wahrnimmt und unterstützt. Nur dann können wir auch künftig diese Herausforderungen bewältigen und den Geflüchteten eine sichere und menschenwürdige Unterbringung bieten."