Baden-Württemberg hat insgesamt sieben Stätten, die die Auszeichnung UNESCO-Weltkulturerbe tragen. Sie alle sind von besonderem kulturellem Wert für die Menschheit. In ganz Deutschland gibt es derzeit 54 dieser UNESCO-Weltkulturerbestätten - weltweit mehr als 1100. Einer dieser für die Menschheitskultur so wichtigen Orte ist die Klosterinsel Reichenau im Bodensee.
Bodensee: Klosterinsel Reichenau seit 2000 Weltkulturerbe
Reichenau im Bodensee wurde als Klosterinsel Reichenau im Jahr 2000 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen - als damals erst zweite Stätte dieser Art in Baden-Württemberg. Die Argumentation der UNESCO: Die Klosterinsel sei ein herausragendes Beispiel eines religiös und kulturell bedeutsamen Benediktinerklosters im Mittelalter.
Geschichte des Klosters Reichenau im Bodensee
Das Kloster Reichenau auf der gleichnamigen Insel im Bodensee wurde bereits 724 gegründet und gilt neben St. Gallen und Fulda zu den wichtigsten Klöstern der karolingischen Zeit (751 bis 919 nach Christus). Der Zeitabschnitt der europäischen Geschichte ist nach dem Herrschergeschlecht der Karolinger benannt, dessen berühmtester Vertreter Karl der Große war. Zu dieser Zeit entstand im Kloster Reichenau beispielsweise der bekannte St. Gallener Klosterplan, nach dessen Vorbild heute auf dem Campus Galli bei Meßkirch ein mittelalterlicher Klosterbezirk entsteht. Das Kloster Reichenau bestand bis 1757. Im Jahr 1803 verließen die Benediktinermönche die Insel.
Darum wurde die Insel Reichenau zum UNESCO-Weltkulturerbe
Laut der UNESCO-Kommission ist die Insel im Bodensee ein bedeutendes Zeugnis der religiösen und kulturellen Rolle, die die großen Benediktinerklöster während des Mittelalters innehatten. Die Reichenau entwickelte sich damals zu einem geistigen und intellektuellen Zentrum in Europa. Von großer Bedeutung für den Status als UNESCO-Welterbe sind die drei Kirchen auf der Insel Reichenau, die in karolingischer und ottonischer Zeit entstanden:
- Münster St. Maria und Markus (Abteikirche, seit 2024 Basilica Minor)
- St. Peter und Paul
- Georgskirche

Münster St. Maria und Markus auf der Insel Reichenau
Die ehemalige Klosterkirche ist das älteste und größte Gotteshaus auf der Insel Reichenau. Der Ursprung von St. Maria und Markus geht auf eine ehemalige Holzkirche aus dem Jahr 724 zurück. Im 8. Jahrhundert wurde diese durch eine rund 40 Meter lange Kirche aus Stein ersetzt. Das östliche Querhaus und die Vierungsbögen der Kirche stammen aus der 816 geweihten Abteikirche. Der westliche Teil des Gotteshauses entstand im 11. Jahrhundert. Zur Einweihung war 1048 sogar Kaiser Heinrich III. anwesend. Der Westteil der Abteikirche wurde mehrfach umgebaut. Sein heutiges Erscheinungsbild erhielt das Westwerk unter Abt Berno.
Im Münster sind zahlreiche Reliquienschreine und Kultgegenstände aus dem 5. bis 18. Jahrhundert zu sehen. In St. Maria und Markus sind mehrere historische Persönlichkeiten bestattet. Dazu zählt der Urenkel Karls des Großen, der Kaiser Karl der III., bekannte Äbte, wie Berno oder Mangold von Brandis und der Schwager von Karl dem Großen, Herzog Gerold.
Das Münster St. Maria und Markus liegt am Münsterplatz im Reichenauer Ortsteil Mittelzell.

St. Peter und Paul in Niederzell: Gegründet vom Bischof aus Verona
Die Basilika St. Peter und Paul in Niederzell auf der Insel Reichenau geht auf das Jahr 799 nach Christus zurück. Hier gründete Bischof Egino von Verona eine reich geschmückte Kirche. Diese war nach zwei verheerenden Bränden jedoch nicht mehr zu retten. Um das Jahr 1080 wurde sie abgebrochen und auf den alten Fundamenten in ihrer heutigen Form wiedererrichtet. In St. Peter und Paul finden sich Reste von bemaltem Wandschmuck aus der Zeit der Karolinger. Bischof Egino wird in der katholischen Kirche als Seliger verehrt - seine letzte Ruhestätte liegt im Chor der romanischen Kirche.
Die Basilika St. Peter und Paul liegt in der Euginostraße in Niederzell-Reichenau.

Georgskirche mit unschätzbaren Wandmalereien aus dem frühen Mittelalter
Die Kirche St. Georg wurde Ende des 9. Jahrhunderts gebaut und ist besonders für die Wandmalereien aus der späten Karolingerzeit und der ottonischen Zeit berühmt. Diese sind in ihrer Gesamtheit und ihrem guten Zustand außergewöhnlich. Drei kleinere Glocken der Georgskirche in Oberzell stammen aus dem 13. Jahrhundert und stehen somit auch für die ehemalige Glockengießkunst auf der Insel Reichenau. In der unterirdischen Krypta ist ein Schädelstück des Heiligen Georg untergebracht. Die Kirche wurde nach ihrer Gründung mehrfach erweitert.
Die spätkarolingische Kirche St. Georg liegt unmittelbar am Ufer des Bodensees in der Seestraße in Oberzell.

Welterbe: Diese Kriterien der UNESCO erfüllt die Klosterinsel Reichenau
Laut der UNESCO-Weltkulturerbe-Kommission erfüllte die Klosterinsel Reichenau mehrere Kriterien, die für eine Aufnahme in die Weltkulturerbe-Liste ausschlaggebend waren:
- Die Überreste der Klosteranlage auf der Insel Reichenau stellen in außergewöhnlicher Weise die kulturelle und religiöse Rolle eines großen Benediktinerklosters im frühen Mittelalter dar.
- Die Kirchen St. Georg, St. Peter und Paul und St. Maria und Markus enthalten bemerkenswerte Elemente aus der Klosterarchitektur in Mitteleuropa vom 9. bis zum 11. Jahrhundert.
- Das Kloster Reichenau stellte ein wichtiges künstlerisches Zentrum für die europäische Kunstgeschichte dar. Dies wird durch die Wand- und Buchmalereien von der Insel veranschaulicht.
Diese Stätten in Baden-Württemberg gehören ebenfalls zum UNESCO-Weltkultuererbe
- Great Spa Towns of Europe – Baden-Baden (2021)
- Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb - Ach- und Lonetal (2017)
- Le Corbusier-Häuser - Weissenhofsiedlung, Stuttgart (2016)
- Prähistorische Pfalbauten um die Alpen (2011)
- Obergermanisch-Raetische Limes (2005)
- Zisterzienserkloster Maulbronn (1993)

Weitere UNESCO-Auszeichnung für Insel Reichenau
2003 wurden die zehn Hauptwerke der Reichenauer Handschriften zum UNESCO-Weltdokumentenerbe ernannt. Diese Dokumente gelten als exemplarisch für das kollektive Gedächtnis der Menschheit und sind kulturgeschichtlich einzigartig, so die UNESCO. Die Handschriften, die mit Buchmalerei versehen sind, wurden zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert im Kloster Reichenau gefertigt und sind die berühmtesten Werke der ottonischen Buchmalerei. Die Werke werden heutzutage in verschiedenen Bibliotheken in ganz Europa aufbewahrt.
Informationen zur Insel Reichenau
- Die Insel Reichenau gehört zur Gemeinde Reichenau
- Teile des Gemeindegebietets liegen auf dem Festland
- Länge: 4,5 Kilometer
- Breite: 1,6 Kilometer
- Fläche der Insel: 4,3 Quadratkilometer
- Einwohnerzahl ca. 3500
- Die Insel Reichenau ist die größte Insel im Bodensee
- 2024 feiert die Klosterinsel ihr 1.300-jähriges Jubiläum
- Reichenau war möglicherweise schon von den Römern besiedelt
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