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Umweltfrevel im Rappenalptal: Landrätin wehrt sich gegen Vorwürfe der Alpgenossenschaft

Nur Schutzbehauptungen?

Umweltfrevel im Rappenalptal: Landrätin wehrt sich gegen Vorwürfe der Alpgenossenschaft

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    Rappenalptal-Skandal: In einer Pressemitteilung wehrt sich Landrätin Indra Baier-Müller und weitere Mitarbeiter des Landratsamtes Oberallgäu gegen die Vorwürfe der Alpgenossenschaft Rappenalpe. (Archiv)
    Rappenalptal-Skandal: In einer Pressemitteilung wehrt sich Landrätin Indra Baier-Müller und weitere Mitarbeiter des Landratsamtes Oberallgäu gegen die Vorwürfe der Alpgenossenschaft Rappenalpe. (Archiv) Foto: Benjamin Liss

    Die Diskussionen um die massiven Bauarbeiten am Rappenalpbach im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen gehen weiter. Nachdem sich Alpmeister Hannes Thaumiller erstmals öffentlich zu den Bauarbeiten geäußert und Landrätin Indra Baier-Müller (Freie Wähler) scharf kritisiert hatte, wehrt die sich nun in einer Pressemitteilung gegen die Vorwürfe. 

    Landrätin verteidigt Verwaltung

    „Meine Verwaltung hat sich korrekt verhalten“, so die Oberallgäuer Landrätin. Mit seiner Behauptung, dass das Landratsamt Oberallgäu die tiefgreifenden Umbauarbeiten am Wildbach im Rappenalptal in einem Aktenvermerk genehmigt habe, konnten Alpmeister Thaumiller und die vom ihm beauftragte Großkanzlei GSK Stockmann schon vor dem Verwaltungsgericht Augsburg nicht durchdringen. Die Augsburger Verwaltungsrichter hatten sich nach einem Eilantrag des Alpmeisters mit der Frage beschäftigt, ob er die Äußerungen des Landratsamts als Genehmigung für einen Gewässerausbau verstehen konnte. „Genehmigungsfrei sind lediglich Maßnahmen des Gewässerunterhalts“, erläutert der zuständige Jurist am Landratsamt, Markus Haug. Und das sind laut Gesetz Arbeiten, die unter anderem mit Blick auf die Abführung oder Rückhaltung von Wasser und Geschiebe dem Erhalt des Gewässerbetts, des Ufers und des Gewässers selbst dienen.

    Geröll bedeckt meterhoch Alpflächen

    Nach dem Starkregen Mitte August in Oberstdorf waren die Alpflächen neben dem Rappenalpbach teilweise meterhoch mit Kies und Geröll bedeckt. Als ein Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde Ende August vor Ort war, bat ihn die Alpgenossenschaft, sich die Lage anzuschauen. Dabei seien einzelne Arbeiten zum Gewässerunterhalt an vier Stellen abgestimmt worden, betont das Landratsamt in seiner Pressemitteilung. Dazu gehörte die Brücke nahe des Eselwegs und drei weitere Bereiche, die der Regen stark in Mitleidenschaft gezogen hatte.  „Die tatsächlich durchgeführte massive Umgestaltung und Kanalisierung des Wildbachs auf einer Länge von 1,6 km hat mit einem Gewässerunterhalt nichts mehr zu tun“, so der Jurist des Landratsamts.

    Gericht bestätigt Einschätzung des Landratsamtes

    Auch für das Verwaltungsgericht Augsburg war der Fall eindeutig. Bei den Bauarbeiten am Rappenalpbach handle es sich „unzweifelhaft um einen genehmigungspflichtigen Gewässerausbau, der nach § 68 Abs. 1 WHG der Planfeststellung durch die zuständige Behörde bedarf“. Und das sei ein komplexes Verfahren, in dem nicht nur Behörden und die Öffentlichkeit beteiligt werden, sondern auch naturschutzfachliche, artenschutzrechtliche und hydrologische Gutachten vorgelegt werden, erklärt das Landratsamt. Das Verwaltungsgericht Augsburg habe festgestellt, dass die Bauarbeiten am Rappenalpbach das Maß einer genehmigungsfreien Gewässerunterhaltung bei weitem überschreiten. Das für einen solch tiefgreifenden Eingriff erforderliche wasserrechtliche Genehmigungsverfahren sei „ganz offensichtlich nicht durchgeführt worden“.

    Aktenvermerk kann nicht als Genehmigung gesehen werden

    Der Aktenvermerk zu den vor Ort besprochenen Arbeiten, auf den sich der Alpmeister stützt, könne „unter keinen Umständen [als] Genehmigungsentscheidung zur Durchführung eines Gewässerausbaus in dem durchgeführten Umfang gesehen werden“, so die Augsburger Verwaltungsrichter. Für jeden verständigen Empfänger war „eindeutig erkennbar, dass es sich nicht um eine wasserrechtliche Genehmigung eines Gewässerausbaus im Umfang von 1,6 Kilometer eines Wildbachs in einem hochsensiblen Naturraum handelt“. Der Wildbach im Rappenalptal liegt inmitten eines Naturschutzgebiets, eines Vogelschutz- und FFH-Gebiet und eines Landschaftsschutzgebiets. Die Augsburger Verwaltungsrichter sehen den Bachausbau insgesamt als „offensichtlich nicht genehmigungsfähig“ an, da die wasserrechtlichen Sorgfaltspflichten „in eklatanter Weise verletzt“ wurden.

    Nicht mit den Arbeiten nach dem Hochwasser 1999 und 2005 vergleichbar

    Öffentlich rechtfertigte die Alpgenossenschaft ihr Tun auch mit den Arbeiten am Rappenalpbach in den Jahren 1999 und 2005, die nach den heftigen Hochwassern zur Renaturierung des Baches nötig geworden waren. Doch nach Ansicht des Landratsamtes Oberallgäu war die Situation damals eine ganz andere. Der Starkregen im August könne weder mit dem Pfingsthochwasser 1999, noch mit dem Hochwasser im August 2005 verglichen werden. Damals wurden die massiven Hochwasserschäden behoben. Die jetzigen Arbeiten hätten laut Landratsamt aber die Schwelle der Schadensbehebung massiv überschritten. Außerdem gab es zwischenzeitlich auch Änderungen in rechtlicher Hinsicht. So wurde im Jahr 2016 das FFH- und Vogelschutzgebiet rechtsverbindlich festgelegt, worüber die Grundstückseigentümer auch informiert wurden, so das Landratsamt. 

    Landrätin streitet Vorwurf der Unprofessionalität ab

    Auch den Vorwurf, auf Presseanfragen unprofessionell reagiert und geschwiegen zu haben, möchte die Landrätin in dieser Form nicht stehen lassen. „Gegen den Alpmeister Hannes Thaumiller ist ein Strafermittlungsverfahren wegen Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete anhängig. In einer solchen Lage ist es nicht angezeigt, über die Presse weiteres Öl in das Feuer zu gießen. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat unser Verwaltungshandeln eingehend geprüft und für rechtmäßig befunden. Hierauf haben wir verwiesen und mehr war hierzu nicht zu sagen“.

    Landratsamt bezichtigt Alpmeister der Lüge

    Daneben wurde dem Landratsamt vorgeworfen, gelogen zu haben. Auch darauf reagiert das Landratsamt nun mit eindeutigen Worten. Alpmeister Thaumiller habe seinerseits unter anderem gegenüber demAllgäuer Anzeigeblattin mehrfacher Hinsicht die Unwahrheit gesagt. Unzutreffend sei demnach, dass mit den Baggerarbeiten am Rappenalpbach „Anfang Oktober erst begonnen“ wurde. Nach den schriftlichen Ausführungen seiner eigenen Anwälte vor dem Verwaltungsgericht Augsburg begannen die Arbeiten aber bereits am 26. September, betont das Landratsamt. „Wären uns – wie auf dem Ortstermin vereinbart und im Aktenvermerk dokumentiert – am ersten oder spätestens zweiten Tag der Baggerarbeiten, also noch am 26.09. oder 27.09.2022, Fotos von den Maßnahmen übersandt worden, hätten wir das Schlimmste noch verhindern können“, sagt Baujurist Markus Haug. Laut dem Landratsamt seien die Fotos aber erst am 6. Oktober eingegangen, als die Arbeiten schon weit fortgeschritten waren. 

    Nur Schutzbehauptungen?

    Es stimme auch nicht, dass sich ein Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde am 6. Oktober für die Fotos bedankt und der Alpgenossenschaft grünes Licht für weitere Arbeiten gegeben habe, betont das Landratsamt. „Das Gegenteil ist der Fall. Unser Kollege hat unter Zeugen noch am Telefon den Vorsitzenden der Alpgenossenschaft angewiesen, die Bagger umgehend aus dem Bach zu holen“. Auch gab es keine weiteren Ortstermine am 16. und 20. Oktober, so die Kreisbehörde. Sie hält die Äußerungen des Alpmeisters gegenüber den Medien für Schutzbehauptungen. Schließlich habe er bei einem Ortstermin am 25. Oktober mit Vertretern des Landratsamtes, des Wasserwirtschaftsamtes Kempten und Mitarbeitern der Marktgemeinde Oberstdorf selbst eingeräumt, den Rappenalpbach über den mit dem Landratsamt abgestimmten Umfang hinaus ausgebaut zu haben.

    "Meinen Mitarbeitern ist kein Vorwurf zu machen"

    Die Arbeiten am Rappenalpbach seien da bereits abgeschlossen gewesen, betont die Kreisbehörde. Ein Bagger war gerade dabei, daneben eine befestigte Kiesfläche zu erstellen. Auf Nachfrage der Behördenvertreter habe der Alpmeister erklärt, dass dort ein Landeplatz für einen Hubschrauber zur Versorgung der Alpflächen entstehen soll. Das Landratsamt forderte ihn daraufhin auf, die ebenfalls nicht genehmigten Arbeiten einzustellen. Für das Landratsamt sei das ein klarer Beleg dafür, dass es der Alpgenossenschaft Rappenalpe offenbar an Sensibilität für das Naturschutzgebiet fehle.  „Meinen Mitarbeitern ist kein Vorwurf zu machen“, resümiert Landrätin Indra Baier-Müller. „Sie haben unverzüglich mit einem Baustopp reagiert und einen Vororttermin mit den weiteren beteiligten Behörden veranlasst, nachdem sie Kenntnis vom rechtswidrigen Ausbau des Rappenalpbaches erhalten haben. Zu diesem Zeitpunkt waren freilich schon weitgehend vollendete Tatsachen geschaffen“.

    Behörde überwacht Bürger nicht auf Schritt und Tritt

    Auch den Vorwurf, die Bauarbeiten im naturschutzfachlich wertvollen Rappenalptal nicht ausreichend überwacht zu haben, weist die Landrätin zurück. „Es entspricht nicht unserem Selbstverständnis als Verwaltung, unsere Bürger auf Schritt und Tritt zu überwachen. Durch die Vereinbarung, am ersten oder spätestens zweiten Tag Fotos der Unterhaltsmaßnahmen zu übersenden, wäre eine Kontrolle und Korrektur rechtzeitig möglich gewesen. Meine Mitarbeiter und auch ich konnten nicht damit rechnen, dass ein Alpmeister, der von unserer einmaligen Natur und Landschaft lebt, sich derart leichtfertig über eine erfolgte Abstimmung hinwegsetzt und seine wasserrechtlichen Sorgfaltspflichten, wie das Verwaltungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, in eklatanter Weise verletzt“.

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