Das Unterallgäu ist im bayernweiten Vergleich Vorreiter bei erneuerbaren Energien. Atomfreier Strom kommt von Dächern und Äckern, kaum aber von Wind- und Wasserkraft. Die Erfolgsgeschichte hat allerdings Kehrseiten. Das zeigt das Beispiel Biogasanlagen: Das Wort von der "Vermaisung" macht mehr und mehr die Runde. Aus satten Wiesen werden Äcker. Was aber bedeutet diese Entwicklung für die Böden und für die Artenvielfalt? Ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet von Bodenschutz und Bodenqualität lebt im Unterallgäu. Prof. Dr. Franz Makeschin ist seit 1995 Bodenwissenschaftler an der Universität Dresden. Er ist Vorsitzender der Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt. Daheim ist Makeschin in Wiedergeltingen.
Der Wissenschaftler, der selbst sechs Jahre lang einen Bauernhof bewirtschaftet hat, ist um Sachlichkeit bemüht. Das Wort von der Monokultur im Zusammenhang mit dem Maisanbau etwa missfällt ihm, weil es politisch von Ökoaktivisten ins Feld geführt wird. Makeschin spricht lieber von einer Vereinfachung der Fruchtfolge.
Lebensmittel im Tank sind keine nachhaltige Lösung
Das Kernproblem ist für ihn nicht der Maisanbau an sich, sondern dass Pflanzen, die eigentlich für die Nahrungsmittelproduktion gebraucht werden, für die Energiegewinnung hergenommen werden. Nachhaltige Energiegewinnung hört für Prof. Makeschin auf, wenn statt Ernte-rückständen und Gülle Lebensmittel in den Biogastanks landen.
Agrarpolitisch sei es nachvollziehbar gewesen, den Landwirten mit Biogasanlagen ein zweites Standbein ermöglicht zu haben. Nachdem der Milchmarkt zusammengebrochen war, sei die Idee entstanden, Bauern zu Energiewirten zu machen, sagt Makeschin. Die Frage sei, ob dies eine sinnvolle Form nachhaltiger Energiegewinnung sei. Landschaften zur Energieerzeugung zu nutzen, sieht Makeschin kritisch. Diese sollten der Produktion von rückstandsfreien Lebensmitteln vorbehalten bleiben.
Die Bauern sollten davon überzeugt werden, sie müssten mit ins Boot genommen werden. Der Bauernverband lasse die Landwirte in dieser Frage aber allein, sagt Makeschin. Landwirte sollten also angemessen dafür entlohnt werden, dass sie einwandfreie Lebensmittel produzieren. Der Markt bewegt sich derzeit in diese Richtung. Die Kommission Bodenschutz am Umweltbundesamt macht beim Ackerbau für den Boden fünf Gefahren aus: Bodenerosion, Bodenverdichtung, Belastungen der Gewässer mit Nährstoffen, Belastung durch Pflanzenschutzmittel und der Verlust an Artenvielfalt. Dass Grünland großflächig in Ackerland umgewandelt wird, erhöht den Bodenabtrag durch Wind und Regen ebenso wie die Bodenverdichtung.
Auf deutschen Ackerflächen gehen laut Umweltbundesamt jährlich insgesamt zwei Tonnen Boden pro Hektar verloren. >, heißt es in den Empfehlungen zum Bodenschutz beim Anbau nachwachsender Rohstoffe. Professor Franz Makeschin sagt dazu: >.
Eine Lösung könne sein, die Böden weniger häufig zu bearbeiten. Raps, der oft mit Mais als problematisches Gewächs in einem Atemzug genannt wird, beurteilt Makeschin weit positiver. Die Bodenabdeckung ist hier überwiegend gut. Nur einen Monat im Jahr ist der Boden eines Rapsfeldes durch Wind und Regen gefährdet. Mais, Raps, Zuckerrüben oder Kartoffeln haben im Unterschied zu Getreide einen hohen Stickstoffbedarf.
Über den Winter treten bei Mais besonders hohe Nitratauswaschungen auf, hält die Kommission Bodenschutz fest. Experten fürchten, der Trend zu durch Mais gespeiste Biogasanlagen könne zu deutlich höheren Nitratwerten im Grundwasser führen.
Ist der Boden verdichtet, kommt die Artenvielfalt unter die Räder
Ein großes Problem stellen die Erntemaschinen dar. Bis zu zwölf Tonnen können solche Geräte wiegen. Die Folgen für die Böden: Der Porengehalt sinkt, die Durchwurzelbarkeit wird eingeschränkt. Wird der feuchte Boden befahren, sind die Folgen besonders gravierend.
Wird Mais im Spätherbst also auf nassen, schweren Böden geerntet, kommt die Artenvielfalt im Boden besonders leicht unter die Räder. Allerdings betont Prof. Makeschin auch, dass eine Bodenverdichtung kein Problem auf Dauer ist. Der Boden und die Artenvielfalt können sich wieder erholen.
Die Wissenschaft muss möglichst nahe an der Praxis sein
Fachwissen ist gefragt. Nach Ansicht von Prof. Makeschin ist von großer Bedeutung, den aktuellen Kenntnisstand der Wissenschaft möglichst nahe an die Praxis heranzuführen. Es gehe also nicht in erster Linie um Naturschutz, sondern um das professionelle Bearbeiten landwirtschaftlicher Nutzflächen. Die Beratung der Bauern müsse daher in öffentlicher Hand bleiben, fordert er.