An der Straße von Gibraltar und vor den Küsten Portugals und Marokkos passiert es seit mehreren Jahren immer wieder und auch immer häufiger: Orca-Wale attackieren gezielt Segelboote. Ein Verhalten, dass manche Segler nun offenbar nicht mehr hinnehmen wollen, wie ein Video zeigt, dass die spanische Tierschutzpartei "PACMA" veröffentlicht hat.
Video: Besatzung von Segelboot feuert mit Schusswaffen auf Orca-Wale
Im Video, dass in der Straße von Gibraltar (Meerenge zwischen Spanien und Marokko) von einem Touristenboot aus gefilmt wurde, ist ein Katamaran zu sehen. Die Besatzung des Segelbootes steht am Heck des Schiffes. Immer wieder spritzt Wasser auf. Doch nicht etwa wegen der Wellen, sondern wegen der Projektile, die im Meer landen. Die Crewmitglieder feuern nämlich mit Schusswaffen auf Orca-Wale, die möglicherweise den Katamaran angegriffen haben.
Währenddessen schreien und buhen die Touristen auf dem anderen Boot. Sogar ein Schiffshorn ertönt, dass die Crew des Segelbootes zum Aufhören bewegen soll. Doch die Schüsse hören nicht auf. Unbeeindruckt feuern die Männer auf dem Katamaran weiter auf die Tiere.
Orca-Angriffe auf Boote nehmen stetig zu
Wie konnte es dazu kommen? Seit einigen Jahren tauchen immer wieder Berichte und Videos auf, die zeigen, wie Orcas Boote vor Spanien, Portugal und Marokko angreifen. Was die Gründe für das eigenartige aber intelligente Verhalten der Tiere sind, lesen Sie hier. Dabei gehen die Schwertwale, die hochintelligent, sehr anpassungsfähig und kommunikativ sind, in Gruppen vor. Skipper und Crew-Mitglieder, deren Schiffe angegriffen wurden, erzählen, dass die Wale offenbar oft gezielt auf das Ruder losgehen. Inzwischen gibt es mehrere hundert Fälle dieser Art. Vor etwa einer Woche erlebte ein Segler vor der südportugiesischen Küste einen weiteren Angriff:
Auch während der berühmten Weltumsegelungsregatta "Ocean Race" kam es zu einem Vorfall. Dabei wurden zwei Rennyachten von Orcas attackiert. Bei dem Zwischenfall war es allerdings zu keinen größeren Schäden an den Yachten gekommen. Betroffen waren die Boote der Teams Jajo und Mirpuri Trifork Racing, die in der Klasse der VO65-Boote am Ocean Race 2023 teilgenommen hatten. Auch der deutsche Profisegler Boris Herrmann hatte an der Regatta teilgenommen. Seine Rennyacht "Seaexplorer" vom Team Malizia war allerdings nicht in den Vorfall verwickelt.
Mensch wehrt sich mit Gewalt, obwohl Orcas noch nie einen Menschen direkt angegriffen haben
Dass nun Menschen mit Feuerwaffen auf die vom Aussterben bedrohten Schwertwale schießen zeigt, dass die Lage ernst ist. Obwohl es bis heute keinen einzigen bekannten Fall gibt, in dem Schwertwale in freier Wildbahn direkt Menschen angegriffen haben, wehrt sich der Mensch mit Gewalt. Dabei gibt es von der Arbeitsgruppe GT Orca Atlántica, die sich für Schwertwale einsetzt, ganz klare Verhaltenstipps für Segler, die im Falle eines Orca-Angriffs auf ein Boot beachtet werden sollten:
- Sofort das Boot stoppen, Segel bergen, Autopilot abstellen, Steuerrad locker lassen (wenn es die Verhältnisse erlauben).
- Behörden kontaktieren (UKW-Kanal 16 bzw. per Telefon 112).
- Hände vom Steuerrad nehmen. Sich von allen Teilen des Bootes fernhalten, die brechen oder herunterfallen können.
- Die Tiere nicht anschreien, oder laute Geräusche wie Pfeifen machen, sie nicht mit Gegenständen berühren, keine Gegenstände werfen, keine wilden Bewegungen im Blickfeld der Orcas machen.
- Fotos und Videos machen, vor allem von den Rückenflossen, die zur eindeutigen Identifizierung der Wale dienen.
- Erst nach einer Weile, wenn Sie keinen Druck oder Stöße auf das Ruder spüren, prüfen Sie, ob es sich dreht und funktioniert.
- Bei festgestellter Manövrierbehinderung Schleppdienst rufen.
Info: Orcas
Orcas gehören zu der Familie der Delfine und leben hauptsächlich in küstennahen Gebieten in höheren Breiten. Die Säugetiere sind auch unter den Namen Schwertwal, Killerwal oder Mörderwal bekannt. Männliche Exemplare können eine Länge von maximal 9,8 Metern und ein Gewicht von bis zu 6,6 Tonnen erreichen. Sie leben üblicherweise in Familienverbänden von meist weniger als zehn Individuen. Weibliche Orcas erreichen im Schnitt ein Alter von rund 50 Jahren, männliche Orcas sterben häufig schon deutlich früher. Besonders bei den Weibchen ist aber auch ein Höchstalter von bis zu 80 bis 90 Jahren möglich.
Zu ihrer Beute gehören bis zu 140 verschiedene Arten von Meeresbewohnern. Damit gehören die Tiere eindeutig zu den sogenannten Spitzenprädatoren. Orcas haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten - unter anderem wird größere Beute innerhalb der Gruppe aufgeteilt. Dies stärkt unter anderem die Bindung innerhalb der Gruppe.
Info: Straße von Gibraltar
Die Straße von Gibraltar ist eine Meerenge. Diese verbindet das Mittelmeer mit dem Atlantik und wird von der Schifffahrt intensiv genutzt. Im Norden liegt die spanische Stadt Tarifa und das britische Überseegebiet Gibraltar. Im Süden die spanische Exklave Ceuta und das marokkanische Festland. Die Straße von Gibraltar ist etwa 60 Kilometer lang und zwischen 14 und 44 Kilometer breit. Die maximale Tiefe liegt bei 900 Metern.