Die WDR-Fernsehsendung 'Sport Inside' ist bekannt für kritische Hintergrundberichte. In einem Beitrag ging es kürzlich um die seit Jahren übliche Praxis von Eishockeyvereinen, ihren Profis nur Verträge über neun Monate zu geben. Die Spieler werden zu Saisonarbeitern. Sie melden sich von Mai bis Juli arbeitslos und kassieren Steuergelder. Das ist völlig legal, aber bei Spitzenverdienern mit Jahresgehältern von zum Teil über 100.000 Euro auch moralisch vertretbar? Der WDR-Bericht sorgte für Aufsehen. Er drehte sich vor allem um Allgäuer Eishockeyprofis, von denen 18 bei der Agentur für Arbeit in Kempten registriert sind. Grund genug, um beim dortigen Pressesprecher, Herbert Mühlegg, nachzuhaken.
Herr Mühlegg, wie kommt es, dass ausgerechnet das Kemptener Amt im Blickfeld steht?
Herbert Mühlegg: Es kommen relativ viele Eishockeyspieler aus dem Allgäu und da ist es naheliegend bei uns nachzufragen, wenn man sich für dieses Thema interessiert.
In Kempten waren im Sommer demnach 18 Eishockeyprofis arbeitslos gemeldet, richtig?
Mühlegg: Wir führen bei uns eine Kategorie Berufssportler, unter der im Sommer 18 Arbeitslose registriert waren. Fußballer tun das eigentlich nicht, Wintersportler sind normal bei der Polizei oder der Bundeswehr und deshalb kann man davon ausgehen, dass diese 18 tatsächlich Eishockeyspieler waren. Bundesweite Zahlen kenne ich nicht.
Was für einen Anspruch haben die Eishockeyprofis denn?
Mühlegg: Einen ganz normalen, wie alle anderen. Sie zahlen schließlich Beiträge. Das Arbeitslosengeld errechnet sich dann aus dem Gehalt. Dabei ist die Einkommensbemessungsgrenze zu beachten, die bei 5500 Euro brutto monatlich liegt.
Und diese 18 Spieler liegen alle über dieser Grenze?
Mühlegg: Nein. In Kempten sind nur fünf oder sechs DEL-Spieler registriert. Dazu eine Reihe von der zweiten Liga bis zu Bayernliga, die weniger verdienen. Wer aber über den 5500 Euro liegt, bekommt rund 1800 Euro Arbeitslosengeld plus Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung.
Der Geschäftsführer von DEL-Klub Hannover Scorpions, Marco Stichnoth, vergleicht die Profis mit Saisonarbeitern wie Spargelstechern oder Erdbeerpflückern. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Mühlegg: Naja, DEL-Profis sind natürlich eine besondere Kategorie. Wenn Leute sagen, 'warum sollen die bei ihren Gehältern was bekommen?', kann ich das nachvollziehen. Bedürftig ist von denen keiner.
Auch in der Hinsicht besonders, dass sie keine Weiterbildungskurse besuchen oder Bewerbungen schreiben müssen?
Mühlegg: Wir schicken die nicht zu Kursen, weil das nur Geld kosten würde, aber nichts an der Arbeitslosigkeit ändert. Wir investieren nur das, was für die Wiedereingliederung nötig ist. Und diese Profis haben ja ihre Anschlussverträge.
Was ist mit Beschäftigung in anderen Berufen?
Mühlegg: Arbeitslose müssen sich nur dafür zur Verfügung stellen, was zumutbar ist. Das sind Jobs, bei denen das Gehalt höher wäre, als ihr Arbeitslosengeld. Spieler aus unterklassigen Ligen könnten in diesen Bereich kommen. Vor einigen Jahren habe ich einen Profi den Sommer über auf den Bau schicken wollen. Der hat seinen Antrag zerrissen und mir auf den Tisch geknallt.
Die Arbeitsagentur betrachtet das Thema scheinbar recht nüchtern.
Mühlegg: Sehen Sie, immer im November melden sich viele, auch sehr gut verdienende Gastronomen arbeitslos. Die können wir nicht weitervermitteln, weil zu der Zeit das Geschäft einfach nicht läuft. Und im Sommer braucht nunmal kein Eishockeyverein irgendwelche Spieler.
Glauben Sie, dass Möglichkeiten gefunden werden, dies in Zukunft zu unterbinden?
Mühlegg: Für eine so kleine Berufsgruppe wird die Politik nichts ändern. Es betrifft ja nur ein paar hundert Spieler in Deutschland. Rechtlich wäre das auch nicht in Ordnung. Wir können die einen Saisonarbeiter schließlich nicht schlechter behandeln, als die anderen.