So viel Zeit muss sein: "Jaaaa", jubelt Oliver Meyl und klickt sofort bei seinem Laptop auf das wichtigste Symbol. "Tooooor" leuchtet daraufhin in riesengroßen Lettern auf den vier Videoleinwänden in der Sparkassen-Arena auf. Der ESV Kaufbeuren ist gerade gegen die Starbulls Rosenheim 1:0 in Führung gegangen. Grenzenlose Freude bei den Fans und Arbeit für den Mann, der da hoch oben unter dem Stadiondach thront. Wobei der 36-Jährige in diesem Moment nicht von Arbeit sprechen würde. Momente wie diese sind einfach die pure Genugtuung für einen eingefleischten ESVK-Fan wie ihn.
Noch eine halbe Stunde zuvor war Meyls Stimmung mal kurzzeitig am anderen Ende der Gute-Laune-Skala angelangt. Mit viel Mühe hatte er einen neuen Trailer für den Premiumsponsor - und zugleich Sponsor der neuen Leinwände - VWEW produziert. Der Film läuft zwar, aber ein entscheidendes Detail fehlt: "Sch, schon wieder kein Ton", flucht Meyl und sucht fieberhaft nach dem Fehler. Stöpsel rein, Stöpsel raus, hier ein Kabel, dort ein Kabel, ein Blick in den Nebenraum: Noch ist die Lösung nicht in Sicht. Dann nach einer gefühlten Ewigkeit, in Echtzeit rund eineinhalb Minuten, das Siegerlächeln: Der Film ist auch zu hören.
Meyl kennt sich in technischen Dingen exzellent aus, hat seit der Anschaffung der Leinwände Anfang Februar viel getüftelt und jede Menge Probeläufe gestartet. Doch einen Faktor muss er immer mit auf der Rechnung haben. "Das Eigenleben im Technik-Turm spielt einem immer wieder einen Streich", sagt er mit Blick auf seinen rund einen Quadratmeter kleinen Arbeitsplatz ein Stockwerk über der jahrzehntealten Pressekabine.
Als im Lauf des Winters klar war, dass die Leinwände kommen werden, war genauso schnell klar, wer sich um die technische Umsetzung kümmern wird.
Schließlich sitzt Meyl nicht nur im Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit beim ESVK, sondern hat schon mit dem Drehen des ESVK-Films, dem Programmieren einer ESVK-App für Smartphones und vielen weiteren Aktionen seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt. "Wir wollten das von Anfang an so professionell wie möglich hinkriegen", sagt er.
Neue Software erwünscht
Die rechte Hand an der Maus, die linke am Mischpult-Regler für das Licht, der Blick gespannt auf die Eisfläche gerichtet: Das Einlaufen des ESVK ist die spannendste und stressigste Phase für den Herrn der Leinwände. Fast alle Spieler tauchen zeitgleich mit der Ansage durch den Stadionsprecher mit Porträtbild und Rückennummer auf der Videowand auf. Aber eben nur fast. "Sobald die Kiste abschmiert, und das tut sie öfter, fehlt hinterher wieder etwas", erzählt er.
Die Software sei noch nicht die passende. Im Sommer will Meyl sich diesem Thema verstärkt widmen, damit der Auftritt kommende Saison noch professioneller wird. "Wenn wir schon vier Leinwände haben, wollen wir richtig Gas geben", sagt Meyl.
Doch auch jetzt haben die Zuschauer schon viel Freude daran, wenn er einen seiner zwölf selbst zusammen gebastelten Clips - zum Beispiel Zeichentrickstar Wall-E bei einer Strafzeit - auf die Leinwand jagt. Wie viel persönliche Zeit für solche Spielereien draufgeht? "Zu viel", sagt Meyl und lächelt.
Den Lohn für das ehrenamtliche Engagement gibt es an diesem Abend vom Publikum, und das sogar schon vor dem Spiel. Mit dem Zeichentrick-Einspieler einer verrückten Kuh soll der Gegner Starbulls Rosenheim durch den Kakao gezogen werden. "Ob das ankommt?", fragt Meyl. Der Szenenapplaus von 2500 Kaufbeurer Fans gibt die Antwort. "Die Reaktion ist schön, da macht die Arbeit noch mehr Spaß", sagt Meyl.
Heute Abend um 19.30 Uhr empfängt der ESVK Schwenningen zum zweiten Play-off-Spiel. Die dritte Partie steigt am Sonntag um 18 Uhr in Schwenningen.
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Ein Laptop, ein Mischpult, ein gespannter Blick: Oliver Meyl ist im Eisstadion für die Einspieler auf den vier neuen Videoleinwänden zuständig. Foto: Mathias Wild