Von Manfred Jörg |MemmingenDas hässliche Wort Krise hat am späten Freitagabend bei der Pressekonferenz noch niemand in den Mund genommen. Dennoch wurde deutlich: Beim Eishockey-Bayernligisten ECDC Memmingen knirschts gewaltig im Gebälk - unabhängig vom Ausgang des Spiels gestern Abend in Königsbrunn (das Ergebnis finden Sie im überregionalen Sportteil der heutigen Ausgabe). Grund für die schlechte Laune des Vorstands ist nicht, dass die "Indians" am Freitag vor 2200 Zuschauern am Hühnerberg das über weite Strecken rassige und spannende Allgäu-Derby gegen den ERC Sonthofen mit 2:3 verloren. Denn im Penaltyschießen kann man schnell mal den Kürzeren ziehen.
Für die eingefrorenen Gesichtszüge bei ECDC-Boss Helge Pramschüfer sorgte vielmehr, dass die Indians auch gegen die "Bulls" aus dem Oberallgäu wieder Großchance auf Großchance schichteten, die allermeisten davon aber mit haarsträubender Ladehemmung vergeigten. Daraus resultierte nicht nur die sechste Niederlage im elften Spiel, sondern auch die bereits vierte Heimpleite.
Einst eine Festung
Zur Erinnerung: In der vergangenen Saison war der Hühnerberg eine nahezu uneinnehmbare Festung. Mit einer einzigen Heimniederlage jagten die Indianer damals auf Rang zwei nach der Hauptrunde. An der Spitze könnte die Truppe von Trainer Tomas Pokorny - gemessen an ihrem Potenzial - auch aktuell stehen. Doch mit 16 Punkten war der ECDC nach dem Freitagsspiel als Neunter bereits acht Punkte von Tabellenführer Peißenberg entfernt.
"Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen, sie hat wieder 100 Prozent gegeben", betonte Pokorny bei der Pressekonferenz. Da mochte man ihm nicht widersprechen, obwohl seine Spieler beim Derby weniger Feuer versprühten als noch eine Woche zuvor beim 3:5 gegen Erding. Es zeugt tatsächlich vom Charakter eines Teams, niemals aufzustecken. So erzielte Martin Löhle in der 58. Minute den viel umjubelten Ausgleich. Für den zweiten ECDC-Treffer sorgte Nikolas Oppenberger, der einen Penalty verwandelte. Der Mann mit der Nummer 69, der am 30. Dezember erst 20 Jahre alt wird, ist der Mann der Stunde bei den Indians und wurde auch zum "Spieler des Abends" gewählt.

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Erster Derbysieg der Saison: Memmingen schlägt den EV Füssen
Klammert man Löhle und Oppenberger aus, gilt aber: "Das Team ist im Moment nicht in der Lage, Tore zu schießen. Keiner trifft, obwohl wir das zweite und dritte Drittel gegen Sonthofen kontrolliert haben." Das sagte Coach Pokorny nach dem Spiel. Gründe, warum seine Mannen das Runde nicht viel öfter ins Eckige bringen, lieferte er jedoch nicht. Die Abschlussschwäche ist aber nur ein Symptom. Denn die Indians sind im Augenblick eine Ansammlung von überdurchschnittlich begabten Individualisten mit Hang zum Solo. Tomas Pokorny muss nun als Dirigent durchgreifen und ein Orchester formen, in dem keiner den anderen übertönt.
Und es könnte durchaus sein, dass dabei der eine oder andere Spieler bald nicht mehr mitwirkt, dafür aber eventuell neues Personal in den Indians-Wigwam einzieht. Dieses vorweihnachtliche Glöckchen war am Freitagabend hinter den Kulissen zu vernehmen.