Viele Profisportler stehen am Ende ihrer Karriere vor der Frage: Was nun? Diese Ratlosigkeit erklärt sich meist aus dem Überangebot an Ex-Spielern im Trainer- und Managerfach. Zudem gibt es zahlreiche Beispiele, dass Sportler erst aufhören, wenn der Leistungszenit bereits Jahre zurück liegt. Bei Alexander Jung ist das alles anders. Mit für einen Eishockey-Torhüter vergleichsweisen jugendlichen 30 Lenzen hat der Füssener entschieden, seine Fanghand an den Nagel zu hängen und im elterlichen Betrieb als Bauingenieur anzuheuern. Zum Abschluss seiner großen Karriere stand der ehemalige Nationaltorhüter noch einmal mit den Hannover Scorpions im knapp verlorenen DEL-Halbfinale gegen Düsseldorf.
Herr Jung, was waren die Beweggründe für diese - für Außenstehende überraschende - Entscheidung?
Jung: Für mich ist dieser Schritt nicht überraschend; er war reiflich überlegt. Ich habe gemerkt, dass ich eine neue Herausforderung brauche und diese im Eishockey nicht mehr sehe. Ich bin sehr froh, dass ich in der glücklichen Lage war, selbst über mein Karriereende entscheiden zu können.
Wo setzen Sie neue Schwerpunkte?
Jung: Ich werde im Betrieb meiner Eltern in Füssen als Bauingenieur arbeiten und irgendwann in die Geschäftsführung einsteigen. Ein Ende ist immer auch ein Anfang. Ich freue mich auf meine neuen Aufgaben und meine Zukunft als Bauingenieur.
und nebenbei spielen Sie noch ein bisschen beim EV Füssen Eishockey?
Jung: Nein. Ich hatte zwar bereits einige Anfragen, aber ich werde definitiv nie wieder für Geld meine Schlittschuhe schnüren. Zwangsläufig würde entweder der Sport oder der Beruf darunter leiden.
Wie fällt Ihre Bilanz nach 26 Jahren Eishockey - davon zwölf als Profi - aus?
Jung: Ich habe im Eishockey sehr viel erlebt und für das Leben gelernt. Ich konnte nebenbei mit der Unterstützung meiner Eltern und der Vereine mein Studium machen, wofür ich sehr dankbar bin. In meiner sportlichen Karriere habe ich immer einen Schritt nach vorne gemacht, was ohne die gute Ausbildung im Nachwuchs des EV Füssen nicht möglich gewesen wäre. Jedes einzelne Jahr, jede Station hatte seine tollen Momente. Besonders in Erinnerung bleiben natürlich der deutsche Pokalsieg oder die erste WM-Teilnahme in Finnland.
Ohne das Eishockey hätte ich zudem nie meine Frau Theresa kennengelernt.
Gab es auch Tiefpunkte?
Jung: Dass ich als vierter Torwart die Olympia-Teilnahme 2006 verpasst habe, war ein großer Rückschlag. Im Nachhinein hat mich dieses Negativerlebnis als Mensch aber stärker gemacht.
Welche Veränderungen im Alltag erwarten Sie in Zukunft?
Jung: Natürlich wird es mir fehlen, im Team Spaß zu haben und gemeinsam Ziele zu erreichen. Aber als Eishockey-Profi muss man auch auf vieles verzichten. So freue ich mich nun darauf, endlich mal in Ruhe Weihnachten feiern zu können, Skifahren zu gehen - ich war seit Jahren nicht mehr auf der Skipiste - oder einfach nur ein freies Wochenende zu haben.
Wann beginnt denn der neue Lebensabschnitt?
Jung: Zunächst werde ich nach der kirchlichen Hochzeit mit meiner Frau nach Tansania in die Flitterwochen fahren. Im August oder September werde ich in der Firma meiner Eltern anfangen. Ab Februar 2010 arbeite ich dann in unserer Niederlassung in München.
Schauen wir noch einmal auf das aktuelle Eishockey-Geschehen. Was trauen Sie der DEB-Auswahl bei der WM in der Schweiz zu?
Jung: Als deutsches Team ist die Qualifikation für die Zwischenrunde das Hauptziel. Wenn eine Überraschung gegen einen der Großen gelingt, ist auch das Viertelfinale möglich.