Betrüger riefen nach Angaben der Polizei am Mittwoch eine 85-jährige Frau in Kaufbeuren an und gaben sich als Polizisten aus. Sie tischten der Seniorin auf, dass ihr Sohn einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hätte. Eine angebliche Richterin bestätigte den Sachverhalt und erklärte, dass der Sohn dem Gefängnis nur entgehen könne, wenn die alte Dame eine Kaution zahle. Die Frau fuhr daraufhin zu einer Bank, um Geld zu holen.
Polizei sucht nach Zeugen
Kurz vor 16:00 Uhr übergab sie im Außenbereich eines Cafés in der Kaiser-Max-Straße, in der Nähe der Sparkassenpassage, das Geld, eine fünfstellige Summe.
Der Geldabholer wird folgendermaßen beschrieben:
- ein ca. 30 bis 40 Jahre alter Mann
- circa 1,70 Meter groß
- schmales Gesicht
- kurze Haar
Die Kriminalpolizei Kaufbeuren hat die Ermittlungen übernommen und bittet Zeugen, die etwas Verdächtiges gesehen haben, oder Hinweise zur Tat oder den Tätern geben können, sich unter der Telefonnummer 08341/9330 zu melden.
Seniorin in Kempten übergibt mehrere 10.000 Euro, Ohrringe und Goldketten
Zwei Tage vorher ist eine 89-jährige Frau in Kempten ebenfalls auf einen Schockanruf hereingefallen, berichtet die Polizei. Betrüger riefen sie an und erzählten der Senioren diese Lügengeschichte: Ihr Sohn habe ein Mädchen angefahren und verletzt. Deshalb sei eine Kaution von 30.000 Euro erforderlich. Kurz darauf meldete sich ein angeblicher Mitarbeiter der Bank bei der Seniorin und teilte mit, dass die Versicherung des Sohnes mehrere zehntausend Euro auf dessen Konto überwiesen habe. Die 89-Jährige brachte genau diese Summe auf. Mehreren zehntausend Euro in bar sowie Ohrringe und Goldketten gab sie ohne weiteres Gespräch einem Abholer an ihrer Haustür.
Laut Polizei ist das Vorgehen mit der Versicherung neu. Es wähnt die Opfer vermeintlich in Sicherheit, weil sie glauben sollen, ihr Geld nur kurzfristig vorzustrecken.
Die Kriminalpolizei hat in beiden Fällen die Ermittlungen aufgenommen und warnt vor dieser Betrugsmasche.
Wie hoch sind die Schadenssummen?
Im Jahr 2023 wurden beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West, das von Lindau, Oberstdorf und Füssen bis nach Neu-Ulm reicht, 725 Taten angezeigt. Davon verliefen 21 erfolgreich. Die Betrüger erbeuteten dabei rund 872.000 Euro. Im Jahr 2024 verzeichnete das Polizeipräsidium bereits 60 Fälle. Dabei erbeuteten die Täter in sechs erfolgreichen Fällen über 350.000 Euro.
Im Ostallgäu und Kaufbeuren wurden vergangenes Jahres 100 Betrugsversuche angezeigt. In einem Fall waren die Täter erfolgreich und erbeuteten über 30.000 Euro. Im Jahr 2024 registrierten die Beamtinnen und Beamten bislang 19 Taten in diesem Bereich. Der oben genannte Fall ist der erste mit einer Geldübergabe.
Im Oberallgäu und Kempten registrierte die Polizei 2023 196 Fälle. In sieben Fällen erbeutete die Täterschaft rund 200.000 Euro. Im Jahr 2024 wurden in diesem Bereich 16 Fälle angezeigt. In zwei Fällen erbeuteten die Täter über 280.000 Euro.
Die Betrugsmasche: Wie gehen die Täter vor?
"Ihr Sohn/ihre Tochter hat einen tödlichen Unfall verursacht!" Bei dieser Abwandlung des Enkeltrick-Anrufes fordert der Anrufer Geld im Namen eines Verwandten, um beispielsweise eine drohende Gefängnisstrafe gegen Kaution zu vermeiden. Auch hier schalten sich falsche Polizisten und Staatsanwälte in die Gespräche ein, um die Glaubwürdigkeit des Anrufers zu erhöhen.
Außerdem erscheinen Rufnummern auf dem Telefondisplay, die vermeintlichen Behördenvertretern gehören. Das ist laut Polizei durch das sogenannte "Caller ID Spoofing" möglich. Bei dieser Methode kann der Betrüger seinem Opfer eine seriöse Telefonnummer vortäuschen, damit die wirkliche Nummer nicht mehr nachvollzogen werden kann. Zudem soll der Anschein erweckt werden, dass eine tatsächlich existierende Behörde oder Stelle anruft.
Tipps der Polizei: Wie können Betroffene reagieren?
- Wer einen Schockanruf bekommt und zur Zahlung einer Kaution aufgefordert wird, sollte misstrauisch werden. Wem der Anruf verdächtig vorkommt, der sollte sofort die Polizei unter der Nummer 110 anrufen.
- Ruft den Verwandten, um den es angeblich geht, an, um den Wahrheitsgehalt der Schocknachricht zu überprüfen.
- Gebt am Telefon keine Auskunft über Eure Vermögenswerte und besprecht Geldforderungen unbedingt vorher mit weiteren Angehörigen.
- Wer bereits auf einen Schockanruf hereingefallen ist, sollte die Tat unbedingt bei der Polizei anzeigen. Nur so kann die Polizei Tatzusammenhänge erkennen und künftige Ermittlungserfolge verzeichnen.
- Informiert Verwandte, Bekannte und Nachbarn über diese Betrugsmasche.