Kempten (rot). - 'Null-Bock-auf-nichts-Generation?' Davon konnte in der Aula der Staatlichen Berufsschule I wahrlich keine Rede sein. Stattdessen waren 174 Absolventen gekommen, um den Abschluss ihrer Ausbildung in Handwerks- und Industriebetrieben zu feiern. Aufgrund ihrer Leistungen erreichten 29 von ihnen die mittlere Reife, 19 erhielten als Klassenbeste (Notenschnitt zwischen 1 und 2) Auszeichnungen und zwei 1,0-Absolventen bekamen Staatspreise. Weder in der ersten noch in der letzten Reihe waren noch Plätze frei und selbst die Stehplätze bei den Gästen heiß begehrt. Galt es doch zu feiern, dass die Schüler 'das Fundament für den Bau ihrer Zukunft geschaffen haben'. Mit diesen Worten eröffnete Oberstudiendirektor Dieter Holzmann den Abend. Trotz aller Freude bereitete es ihm aber Sorge, dass heuer rund acht Prozent der Absolventen von ihren Ausbildungsbetrieben nicht übernommen würden. Seinen Schätzungen nach könnten es im kommenden Jahr, 'wenn nicht ein Wunder geschieht, noch 20 Prozent mehr werden'. Angesichts dieser düsteren Prognose bat er die Vertreter der Wirtschaft und der Agentur für Arbeit um 'bestmögliche Hilfe'. In die gleiche Kerbe schlug Bundestagsabgeordneter Dr. Gerd Müller und redete Arbeitgebern und Gewerkschaften ins Gewissen: 'Alle stehen in der Verantwortung, alle müssen helfen und den Jungen mehr Chancen geben.' Gleichzeitig appellierte er an die Jugend, 'mehr Mut zur Selbstständigkeit zu zeigen, um anstehende Probleme zu lösen'.
Leere Bauhallen nutzen Wie dies vor Ort aussehen könnte, darüber sprach Josef Leonhard Schmid als Vize-Vorsitzender des Zweckverbands Berufliches Schulzentrum: 'Derzeit versucht die Stadt Kempten mit neuen Gewerbegebieten der Ansiedlung von Handwerk, Gewerbe und Industrie kräftigen Rückenwind zu geben.' Und um eine hochklassige Ausbildung im Berufsschulzentrum zu gewährleisten, bat er die Gremien, sich dafür stark zu machen, dass die derzeit brachliegenden Bauhallen an der Kotterner Straße wieder für eine Berufsausbildung nutzbar gemacht werden. Denn, so Schmid, 'da gibt es eine große Chance, jene Jugendlichen von der Straße zu holen, die keinen Ausbildungsplatz finden, um ihnen im Schulzentrum Azubi-Praktiken anzubieten'. August Butscher von der Kreishandwerkerschaft wünschte den Absolventen, dass sie auch künftig alle Hürden erfolgreich überwinden. Diplom-Ingenieur Peter Dick, Leiter der Berufsausbildung der Telekom Kempten, gab den Betrieben den eindringlichen Rat, die Ausbildung junger Menschen in ihrer Firmenphilosophie zu verankern und sie als ersten Baustein in der Personalentwicklung zu sehen. Denn mittelfristig sei mit einem Facharbeitermangel zu rechnen. Dick: 'Bereits im nächsten Jahrzehnt zeichnet sich ein Mangel von 3,5 Millionen Facharbeitern ab.' Und Fachleute würden nicht vom Himmel fallen - 'die müssen erst ausgebildet werden'. Danach wurden die Klassenbesten (Notendurchschnitt besser als 2,0) mit Schulpreisen ausgezeichnet: Matthias Albrecht, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, Kempten; Sebastian Böckh, Fachinformatiker/Systemintegration, Kempten; Andreas Duong, Fachinformatiker/Systemintegration, Kempten; Martin Ebeling, Fachinformatiker/Anwendungsentwicklung, Mauerstetten; Wolfgang Graf, Mechatroniker, Lengenwang; Benjamin Kappeler, Elektroinstallateur, Sonthofen; Stefan Kaserer, Industriemechaniker, Blaichach; Christiane Klaus, Fachinformatiker/Anwendungsentwicklung, Nesselwang; Markus Mayer, Energieelektroniker/Anlagentechnik, Kempten; Christian Meyer, Energieelektroniker/Betriebstechnik, Blaichach; Helmut Nitsch, Technischer Zeichner, Mauerstetten; Fabian Renger, Industrieelektroniker, Lindau; Andreas Riederle, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, Markt Wald; Christian Rogg, Landmaschinenmechaniker, Lindau; Ellinor Rottler, Mediengestalterin, Legau; Thomas Schiedrich, Drucker, Immenstadt; Georg Schiegg, Klempner, Rammingen; Florian Sonntag, Metallbauer, Buchloe; Angelika Wied, Mediengestalterin, Kempten. Für die richtige Festlaune sorgten die fetzigen Rhythmen der Band 'Salt Street Boys' von der Staatlichen Realschule Kempten. Für ihren Notendurchschnitt von 1,0 erhielten Alexander Albrecht (links), Industriemechaniker aus Haldenwang, und Peter Vogler, Fachinformatiker/Systemintegration aus Kempten, Staatspreise.