"Der Zustand des Patienten hat sich ganz leicht gebessert. Wann sein Zustand stabil ist, können wir aber noch nicht sagen." So beschreibt Norbert Hillenbrand, Betriebsleiter der Kläranlage in Hergatz, die Situation am gestrigen Montag. Wie berichtet, war in der vergangenen Woche die biologische Stufe des Klärwerks beinahe zum Erliegen gekommen, so dass eine Woche lang lediglich mechanisch gereinigtes Abwasser in die Leiblach lief. Inzwischen ist in Vorarlberg Protest laut geworden. Man hätte die Nachbarn über den Störfall informieren sollen, sagte Umwelt-Landesrat Erich Schwärzler. Dazu bestand nach Ansicht von Landrat Elmar Stegmann kein Anlass. Wasserwirtschaftsamt und Landratsamt gehen davon aus, dass die Gewässer nicht wesentlich belastet wurden (siehe Infokasten).
Die leicht verbesserte Reinigungsleistung der Kläranlage Hergatz ist auf den ersten Blick zu sehen: An den Klärbecken schäumt das Wasser längst nicht mehr so stark wie in der vergangenen Woche. Auch am Ablauf in die Leiblach ist kein Schaum mehr zu sehen - wohl aber ist das eingeleitete Wasser noch immer stark getrübt.
Wie viel der gewünschten Reinigung die Anlage aktuell leistet, kann Hillenbrand nur schätzen. 30 Prozent der Klärung erfolgen durch die Mechanik - diese ist voll funktionstüchtig. Die übrigen 70 Prozent erbringt die biologische Stufe. Dass die Biologie langsam wieder in Schwung kommt, sieht Hillenbrand unter anderem am Wert des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB-Wert). "Dieser liegt derzeit knapp über dem Grenzwert."
Und das, obwohl die Anlage in den vergangenen Tagen stark gefordert war. Zum einen durch die am Ende jeder Woche stärker belasteten Abwässer von Betrieben, die regelmäßige Reinigungsvorgänge vornehmen müssen, zum anderen durch das allmähliche Ablassen des Pufferbeckens im Klärwerk. Im Pufferbecken hatten die Klärwerksmitarbeiter einen Teil der Einleitungen zwischengelagert, die am stärksten mit Giftstoffen belastet waren. So schonten sie die Biologie der Anlage zu dem Zeitpunkt, als sie am Kippen war.
"Es war noch Restleben drin"
"Ganz langsam", so Hillenbrand, "kommt die Biologie wieder in Gang. Offenbar war noch ein gewisses Restleben drin." Eine Prognose wagt er freilich nicht. "Ob wir einen normalen Betrieb in einigen Tagen, in Wochen oder gar Monaten haben, kann ich nicht vorhersagen." Er hoffe jedoch, dass sich alles innerhalb einer Woche einigermaßen stabilisiert. Zu einer erneuten Verschmutzung größeren Ausmaßes dürfe es aber nicht noch einmal kommen.
Zu den Ursachen der schweren Störung gibt es keine neuen Erkenntnisse. Bei Telefonaten mit den Laboren, an die verschiedene Proben geschickt worden sind, hat Hillenbrand erfahren, dass erst in zwei Wochen mit Ergebnissen zu rechnen ist.
Vorarlberger Behördenvertreter, die offenbar über die Berichte des Westallgäuers von dem Störfall erfahren haben, reagierten heftig auf die Nachricht. Umwelt-Landesrat Erich Schwärzler sagte den Vorarlberger Nachrichten: "Dass eine Kläranlage zusammenbricht, das kann immer vorkommen, aber dass man uns darüber seitens der Zuständigen nicht informiert hat, das ist ein schweres Vergehen. Sollte ein Schaden entstanden sein, dann werden wir diesen in Rechnung stellen."
Auf diese Äußerung angesprochen, sagt Landrat Elmar Stegmann: "Ich bin - gelinde gesagt - verwundert über die Reaktion aus Österreich." Alle Messungen hätten ergeben, dass es in der Leiblach weder bei der deutsch-österreichischen Landesgrenze noch bei der Einmündung in den Bodensee erhöhte Schadstoffwerte gab. Eine Warnung der Nachbarn sei also nicht angezeigt gewesen.
Auch Markus Reichart, Vorsitzender des Abwasserverbands Obere Leiblach (AOL) sieht kein Versäumnis. "Wir haben umgehend das Landratsamt, das Wasserwirtschaftsamt und die Fischereiberechtigten informiert, als die Probleme auftauchten", so Reichart.
Bereits am Wochenende haben sich Vorarlberger Medien vor Ort informiert. Gestern Vormittag nahm auch ein Vorarlberger Behördenvertreter die Hergatzer Kläranlage in Augenschein. "Der hat offenbar gelassen reagiert", hat sich Reichart von seinen Mitarbeitern berichten lassen.