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Unsere Träume einfach weggespült

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Unsere Träume einfach weggespült

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    Von Ulrich Weigel Sonthofen - Dauercamper ade. Weil die vom August-Hochwasser demolierte 'Insel' des Sonthofer Campingplatzes künftig als Retentionsfläche freigehalten werden soll, hat der Verkehrsverein den Dauerplatz-Mietern gekündigt. Das gilt auch für die zehn Dauercamper auf dem neu gestalteten Hauptplatz. Wer will, darf noch bis 30. April bleiben. Bei Betroffenen - soweit sie nach dem feuchten Desaster überhaupt bleiben wollten - führt das zu Unverständnis und Ärger. Die Iller hatte bekanntlich etliche Wohnwägen mit sich gerissen. 'Träume vom Alterswohnsitz im Allgäu wurden aber nicht nur von der Flut, sondern auch vom Platzbetreiber einfach weggespült', ärgert sich beispielsweise Bernhard Diel. Er moniert, dass die Camper nicht im Vorfeld über die Hochwasser-Gefahr auf der 'Insel' informiert worden waren. Seine Vermutung: Das Areal sei als Flutzone zur Kontrolle eines Hochwassers gedacht gewesen, die Dauercamper als Folgeschaden mit eingeplant. Weiter kritisiert er, dass am Unglückstag Sperren zwischen Wonnemar und Stadt aufgebaut wurden, die Camper aber nicht gewarnt worden seien. Schon in der Nacht zum Dienstag habe man wegen des hohen Illerpegels das Tor zwischen Hauptplatz und 'Insel' schließen müssen, sagt Campingplatz-Verwalter Gerd Sittel. Die Dauercamper konnten ihre Autos und Wertgegenstände in Sicherheit bringen und seien nachts im Haupthaus untergebracht worden. Am nächsten Vormittag schien das Schlimmste vorbei und erste Camper begannen bereits, an ihren Domizilen aufzuräumen - bis nach dem Dammbruch bei Fischen die Polizei kam und erneut warnte. Sittel: 'Ohne den Deichbruch wäre bei uns wohl nichts passiert.'Dass keine große Vorwarnzeit blieb, zeigt das Einsatzprotokoll der Stadtverwaltung: Laut Helmut Schratt brach der Fischinger Deich gegen 10.26 Uhr. Um 10.28 Uhr seien direkte Anlieger (darunter der Campingplatz) gewarnt worden, um 11.17 Uhr folgte eine zweite Warnung. Die Entscheidung für den Bau des Notdamms am Wonnemar (zur Rettung der Südstadt) fiel laut Schratt um 10.45 Uhr. Die Flutwelle erreichte das Bad um 12.25 Uhr. Um Verständnis wirbt Sonthofens Verkehrsvereins-Vorsitzender Hans Glas: 'Mir tut es selber leid um die Dauercamper.' Doch für den Verein sei es eine Überlebensfrage: 'Wir müssen uns über Wasser halten.' Damit meint er die Kreditraten, mit denen man den bisherigen Umbau bei der Bank abstottert. Der Knackpunkt: Ohne die 'Insel' müsse der Campingplatz nun auf zwei Drittel der Fläche die gleichen Einnahmen erwirtschaften. Dazu setzt der Verkehrsverein künftig ganz auf Urlauber, die nur wenige Tage oder Wochen campen wollen. Das soll unterm Strich mehr bringen: Ein Dauercamper zahlte bisher für sich und seine Familie pauschal 861 Euro im Jahr. Dagegen berappten 'Kurzzeit'-Camper laut Sittel heuer im Schnitt stolze 22,50 Euro pro Tag. Und kommendes Jahr sollen die Übernachtungspreise sogar noch steigen.

    'Platz im Sommer randvoll'Während Dauercamper Diel in Frage stellt, ob sich der Platz mit normalen Urlaubern genug auslasten lasse, sieht das Sittel anders: Von Anfang Juli bis Ende August sei der Campingplatz heuer randvoll gewesen, mussten Urlauber abgewiesen werden. Auch im Mai war der Platz laut Sittel voll. Ließe der Verkehrsverein seine Dauercamper auf den Hauptplatz, gingen satte Einnahmen flöten - außer man würde deren Jahrespauschale auf einen nicht tragbaren Satz erhöhen. Der vom Verein gemeldete Gesamtschaden beträgt laut Stadtkämmerei gut eine Million Euro, ist aber größtenteils auf der 'Insel' entstanden. Offen ist, ob die Bezirksregierung nun aus dem 'Infrastruktur-Wiederherstellungsprogramm' Zuschüsse gibt. Vom Landkreis Oberallgäu erhielt der Verkehrsverein aus Spendenmitteln 2500 Euro. Nach dem großen Erfolg der Oberallgäuer Spendenaktion gab es aus dem Topf zudem Geld für Dauercamper: 42 Betroffene mit Schäden über 5000 Euro erhielten je 500 - insgesamt also 21 000 Euro.

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