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Artikel: Kleine Lösung für "gentechnikfreies Kaufbeuren"

25. Juli 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Stadtrat Ideologische Diskussion nach Antrag der Grünen-Fraktion

Kaufbeuren | mab | Ein "gentechnikfreies Kaufbeuren" hatte die Fraktion der Grünen im Stadtrat beantragt, wobei es dem Fraktionsvorsizenden Wolfgang Hawel vor allem darum gegangen wäre, "ein Zeichen" zu setzen und sich offenbar ähnlich lautenden Erklärungen der Landkreise Ost- und Oberallgäu anzuschließen. Die Risiken dieser Technologie könnten bis jetzt nicht seriös abgeschätzt werden. Gentechnisch veränderte Pflanzen stellten beispielsweise selbst Pestizide her und deshalb seien in Kalifornien schon drei Viertel aller Bienenarten ausgestorben.

Darum forderte seine Fraktion unter anderem das Folgende: In städtischen Einrichtungen (etwa Kindergärten, Krankenhaus oder Schulen) sollen keine Lebensmittel verwendet werden, die gentechnisch verändert sind oder aus Gentechnik-Anbau stammen. Außerdem sollen Landwirte für einen Verzicht auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen gewonnen werden - und die Stadt müsse bei der Verpachtung städtischer landwirtschaftlicher Flächen sowie der Verlängerung der Pachtverträge die Pächter vertraglich dazu verpflichten, auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu verzichten. Zudem könne Kaufbeuren dann aktiv mit dem Prädikat "gentechnikfrei" werben.

Modifizierte Beschlussvorlage

Seitens der Verwaltungs wies Dr. Gert-Peter Strunk darauf hin, dass der Antrag rechtlich nicht zu halten sei, weil der Einsatz von Gentechnik nichts sei, worüber eine Kommune zu befinden hat. Lediglich der freiwillige Verzicht von entsprechenden Lebensmitteln in eigenen Einrichtungen sei statthaft. So formulierte er denn auch eine modifizierte Beschlussvorlage.

"Nicht Ängste schüren"

Es war fast zu erwarten, dass sich aus diesem Thema eine ideologische Diskussion entwickelte. Dr. Thomas Jahn (CSU) bewertete sogar die Beschlussvorlage Strunks als juristisch bedenklich. Es könnten sich etwa wirtschaftliche Konsequenzen ergeben, wenn man als Stadt auf gentechnisch veränderte Lebensmittel verzichtet. Jahn sah etwa einen möglichen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.

Deshalb forderte er eine Abstimmung, bei der die Namen festgehalten werden. Zum anderen ist es aus seiner Sicht politisch nicht statthaft, wenn man Ängste in der Bevölkerung schürt: "Wir alle leben von Tier- und Pflanzenzüchtungen, die nichts mit dem Ursprungstier- oder der Ursprungspflanze zu tun haben." Die Gentechnik biete Chancen, den Hunger in der Welt in den Griff zu bekommen. "Aber Kreuzungen und Züchtungen sind doch etwas anderes, als den Zellkern zu manipulieren", merkte Helga Ilgenfritz (SPD) dazu kritisch an.

"Wichtig ist uns der Punkt, dass wir in eigenen Einrichtungen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel verwenden", so Dritter Bürgermeister Ernst Holy (Kaufbeurer Initiative). "Das ist eh schon der Fall", meinte Oberbürgermeister Stefan Bosse.

Lakonisch erklärte er: "Wir haben zwar gar keine Kompetenzen, um über den Einsatz von Gentechnik zu entscheiden - aber man kann ja mal über alles reden." Bürgermeister Gerhard Bucher warf ein, dass Landwirte in Kaufbeuren ohnehin kein gentechnisch verändertes Saatgut einsetzen. Das habe ihm das Amt für Landwirtschaft und Forsten mitgeteilt. Dr. Erika Rössler (CSU) verwies darauf, dass sich "Gentechnik in der Medizin als Segen erwiesen" habe. Man könne Gentechnik in der Medizin begrüßen, aber in der Landwirtschaft ablehnen, entgegnete FWG-Fraktionschef Bernhard Pohl.

Im Prinzip bleibt alles, wie es ist

Bei der Abstimmung passierte schließlich die "kleine Lösung", der Beschlussvorschlag von Referatsleiter Strunk, das Gremium. Nur Jahn stimmte dagegen. Alles bleibt also, wie es ist - und in eigenen Einrichtungen will die Stadt nun auch erklärtermaßen nichts verwenden, was gentechnisch verändert ist.