Artikel: Im Winter fing der Arbeitstag um 3 Uhr an

2. Januar 2003 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Straßenmeisterei-Chef Alfred Menrad geht in Ruhestand - Nachfolger ist Erwin Meggenried

Marktoberdorf/Ostallgäu(ek). - Einen fließenden Wechsel gab es zum neuen Jahr in der Marktoberdorfer Straßenmeisterei: Alfred Menrad, der 32 Jahre die Stelle leitete, verabschiedete sich in den Ruhestand. Seine Aufgaben übernimmt nun Erwin Meggenried, der unter seinem Vorgänger bereits unter anderem Kolonnenführer in der Meisterei war und seinen neuen Schreibtisch bereits bezog, während Menrad noch seine letzten Urlaubstage abfeierte. Straßensperrungen und -bauarbeiten bei dem schweren Zugunglück Anfang der 70er- Jahre bei Aitrang oder beim Hochwasser an Pfingsten 1999 sowie etliche extreme Bedingungen in den 32 vergangenen Wintern: Alfred Menrad blickt auf ein bewegtes Arbeitsleben in Marktoberdorf und Umgebung zurück. Als 27-jähriger Zimmerergeselle kam er 1966 als Bauaufseher zum Kemptener Straßenneubauamt. Nach der Bautechniker-Prüfung wurde er 1971 zum Straßenmeister ernannt - bereits zuvor aber, im Juli 1970, übernahm er die Geschäfte in der ehemaligen Straßenmeisterei Füssen. Damals betreute der gebürtige Augsburger 426 Kilometer Straßen und hatte rund 70 Arbeiter unter sich. Nach der Gebietsreform lagen noch 304 Kilometer Bundes- und Staatsstraßen in seinem Bereich, das Personal schrumpfte auf rund 30 Personen. Somit war Menrad zuständig für die drittgößte Straßenmeisterei in ganz Schwaben und die neuntgrößte in Bayern. Wegen der Größe des Gebietes, besonders der weiten Nord-Süd-Ausdehnung, sind Stützpunkte in Buchloe und Füssen eingerichtet. 'Eigentlich ist die Straßenmeisterei nur für die Unterhaltung der Straßen verantwortlich', erklärt Menrad, aber seine Abteilung habe auch provisorische Baumaßnahmen, beispielsweise das Auftragen von einer Teer-Dünnschicht, vorgenommen. Dieses 'viele Außertourliche', schmunzelt Menrad rückblickend, habe 'der Rechnungshof manchmal schon beanstandet' - aber immerhin wurden so unter Menrads Leitung sogar Teilausbauten von Ortsdruchfahrten, etwa in Hopferau, Lengenwang oder Pfronten, realisiert. Doch solche Zusatzleistungen, betont der heute 64-Jährige, hätte er nie durchführen können, wenn nicht sein Personal stets hinter ihm gestanden hätte. 'Ich habe auch versucht, die Leute immer gerecht zu behandeln', sagt er. Definitiv zum Aufgabengebiet der Meisterei gehört der Winterdienst: 'Am schlimmsten war es, wenn es viele Verwehungen gegeben hat', erinnert sich Menrad, der schneereichen Nächten ab spätestens 3 Uhr am Telefon hing, um die Einsätze der Räumfahrzeuge zu koordinieren. 'Manchmal sind wir in 12- bis 14-Stundenschichten durchgefahren.'

Großes Gebiet mit Schwierigkeiten Schwierig sei, dass in dem großen Gebiet oft auch unterschiedliche Wetterverhälnisse herrschen. In Buchloe kann schon Glatteis sein, währen in Füssen noch niemand ausrücken muss - und umgekehrt. Oder in der Ebersbacher Steige falle oft schon Schnee, während es überall anders noch regne. Um 2.30 Uhr fahren die ersten Späher gewöhnlich raus und meldeten Menrad dann die Situation. 'Man gewöhnt sich an diese Uhrzeit, im Winter warte ich schon immer drauf', erzählt der scheidende Straßenmeister, 'wenn bis 3.15 Uhr das Telefon nicht klingelte, wurde ich schon unruhig.' Die größte Veränderung auf den Straßen, die Menrad in den über 30 Jahren bemerkt hat, sei, dass der Verkehr und damit die Anforderungen enorm zugenommen haben - 'Und die Leute stellen immer mehr Ansprüche, eine frei geräumte Straße ist heute selbstverständlich.' Er richtet auch deutliche Kritik an die Autofahrer: 'Oft wird bei schlechtem Wetter zu schnell gefahren, oft sind die Verkehrsteilnehmer so selbst schuld an Unfällen.' Sein Nachfolger Erwin Meggenried fügt hinzu, Autofahrer sollten sich manchmal überlegen, ob sie überhaupt in ihr Fahrzeug steigen müssen. Sorgen machen den beiden Straßenbaumeistern vor allem junge Leute. 'Zur Disko fahren sie bei jeder Witterung.'