Erster Rückhalteraum fasst 250000 Kubikmeter Von Brigitte Horn Immenstadt Erleichtertes Aufatmen in Rauhenzell: Der Immenstädter Ortsteil ist nun, ebenso wie das Städtle selbst, gegen ein (statistisch gesehen) 300-jähriges Hochwasser gewappnet. Denn gestern ging der eine Million Euro teure Polder in Betrieb ein von Deichen umschlossener Rückhalteraum, der künftig die Spitzen des Hochwassers abschöpft. Er fasst 250000 Kubikmeter und staut sie so lange auf, bis die Iller sie wieder verkraftet. Der elf Hektar große Polder Rauhenzell es ist der erste im Rahmen des Hochwasserschutz-Projekts Obere Iller wird vom Iller-Deich, dem Straßen-Damm der OA 5 und einem neuen Deich entlang der Kreisstraße umschlossen. Sein Einlauf-Bauwerk wird erst ab einem Hundertjährigen Hochwasser geöffnet. Es füllt sich bei einem Zufluss von sechs Kubikmetern pro Sekunde innerhalb von elf Stunden. Sobald sich die Lage dann wieder entspannt, wird das Rückhaltebecken am andern Ende geöffnet und das Wasser fließt in 15 Stunden zurück in die Iller. Mit einer mittleren Stauhöhe von 2.25 Meter ist der Polder auf ein 300-jähriges Hochwasser ausgelegt. Sein Aufwand war enorm: 500 Kubikmeter Stahlbeton, 1200 Quadratmeter Spundwand, 11000 Kubikmeter Kies (für den Deichbau) und 300 Tonnen Wasserbausteine wurden verbaut.
Die Kosten tragen zu 65 Prozent der Freistaat Bayern und der EU-Fonds, die restlichen 35 Prozent teilen sich Immenstadt und der Landkreis. Die Weideflächen im Retentionsraum werden nach wie vor landwirtschaftlich genutzt der Staat zahlt den Bauern aber eine Entschädigung, wenn die Felder durch eine Flutung des Polders in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Rauhenzeller Grundstücksbesitzer waren es auch, denen Bürgermeister Gerd Bischoffs großer Dank für ihr weitgehendes Entgegenkommen galt. Denn Rechtler und Landwirte seien ohne Zögern bereit gewesen, größere Flächen für Hochwasserschutz-Maßnahmen zu verkaufen oder sie für den Rückhalteraum zur Verfügung zu stellen. So sei er schon ein bisschen stolz, betonte Bischoff, dass zwischen Thanners und Oberstdorf hier nun der erste Polder in Betrieb geht. Er ist Vorläufer eines ungleich größeren Projekts der Weidachwiesen bei Untermaiselstein, die als Rückhalteraum für sechs Millionen Kubik Hochwasser geplant sind. Der Chef des Wasserwirtschaftsamts, Karlheinz Kraus, nannte drei Säulen des Hochwasserschutz-Konzepts, bei dem die Pfingstflut zu einem gewissen Umdenken geführt habe. So gehe es neben den konservativen Methoden wie Deicherhöhungen und Flutmulden auch um eine Schadens-Minimierung, in dem gefährdete Bereiche von jeglicher (Bau-)Nutzung freigehalten werden. Hier habe Immenstadt vorbildlich reagiert, als es ein bereits konzipiertes Neubaugebiet stoppte. Darüber hinaus gelte es, die Spitzen der Hochwasser-Welle zu kappen und zurückzuhalten wie nun mit dem Polder Rauhenzell, als wichtigen Baustein im Schutzprojekt. Und dank der inzwischen sehr exakten Prognosen der Hochwasser-Vorhersagezentrale des Wasserwirtschaftsamts die jüngsten Pegelstände differierten nur um wenige Zentimeter kann der Retentionsraum genau zum richtigen Zeitpunkt geöffnet werden. Karlheinz Kraus: Es steht noch einiges an Maßnahmen aus aber wir können heute schon sorgloser in die Zukunft schauen als noch vor einem Jahr.