Fachleute weisen Kritik an Schutzmaßnahmen zurück Von Brigitte Horn Oberallgäu Das obere Allgäu erlebt in jüngster Zeit eine Häufung von Hochwassern wie noch nie, seit es Aufzeichnungen (1901) gibt. So kletterte der Illerpegel bei der jüngsten Überflutung noch bedenklicher nach oben als schon am Vatertag 99 und zuvor letztmals 1944! erreichte aber glücklicherweise nicht die Dimension der Pfingst-Flut. Doch errechneten die Wasserwirtschaftler jetzt bei einer Bilanz des 11. August 2002, dass der Raum Immenstadt diesmal erneut mit einem (statistisch gesehen) Jahrhundert-Hochwasser konfrontiert worden ist und es dank der bereits greifenden Baumaßnahmen auch verkraften konnte. Die Auswertung der Pegelstände vom vorletzten Sonntag und Montag erbrachten für Sonthofen nur ein Hochwasser wie es alle 50 Jahre vorkommt. Aber durch den weiteren Zufluss der stark Hochwasser führenden Ostrach, von Schwarzenbach, Steigbach und Konstanzer Ach schwoll die Iller flussabwärts immer weiter an. So donnerte sie in Blaichach schon mit 630 Kubikmeter pro Sekunde durch ihr Bett das waren hundert mehr als am Vatertag 1999 und erreichte in Immenstadt zwischen 670 und 690 Kubik. Damit waren die Wassermassen vor zwei Wochen um 15 bis 20 Prozent stärker als am bereits kritischen Himmelfahrtstag vor drei Jahren.
Wobei, so registrierten die Wasserwirtschaftsamts-Planer zufrieden, die bisher in den Hochwasserschutz geflossenen 15 Millionen Euro die Effektivität dieser Baumaßnahmen eindrucksvoll bestätigt und große Schäden verhindert haben: Immenstadt-Stadt, Rauhenzell, Seifen und Zellers blieben von den Fluten verschont. Falsch sei jedoch die in Sulzberg laut gewordene Behauptung, die Schutzmaßnahmen droben seien schuld daran, dass in ihrem Gebiet große landwirtschaftliche Flächen unter Wasser standen. Die Planer, so Simon Baur und Thomas Schmidt von der Projektleitung, haben vielmehr sehr streng darauf geachtet, dass sämtliche bisherigen Verbauungen im Oberen Illertal Aufweitungen des Flussbetts, Deich-Rückverlegungen und neue Retentionsräume absolut abflussneutral sind: Sie bringen unter keinen Umständen eine Verschärfung der Situation für die Unterlieger. Wofür das zweidimensionale Abflussmodell den klaren Beweis antrete. Darüber hinaus könne hydraulisch nachgewiesen werden, dass die Fließgeschwindigkeit der Iller sogar verlangsamt wurde, weil der Gebirgsfluss jetzt ja mehr Ausdehnungsmöglichkeit hat. Die auffallend häufigen Überflutungen in Thanners und Sulzberg während der letzten Monate führt Thomas Schmidt darauf zurück, dass die Iller zusätzlich abnormal oft auch kleinere Hochwasser führte, vor denen die betroffenen Wiesen bisher ebenfalls nicht geschützt sind. Wobeis leider nicht möglich sein werde, hier im Moment eine Verbesserung zu erreichen (ob eine Zwischenlösung in Thanners möglich ist, wird derzeit untersucht). Weidachbecken Doch den endgültigen Hochwasserschutz für Sulzberg und Thanners kann erst das geplante Weidachbecken bringen, so Simon Baur. Denn der riesige Binnenpolder wird sechs Millionen Kubikmeter Wasser speichern können. Dabei machen die alarmierende Wiederholung von Hochwasser-Ereignissen und die verheerende Intensität, wie sie jetzt an der Elbe zu erleben ist, in den Augen der Wasserwirtschaftler die dringende Notwendigkeit deutlich, das gesamte Projekt Obere Iller vehement voranzutreiben.