1922 wurden die beliebten Gummibärchen in Bonn erfunden. Heute sind Erwachsene und Kinder gleichermaßen wild darauf, und ein Showmaster wirbt mit putzigen Sprüchen. Doch manchen würde das Gummibärchen im Munde stecken bleiben, wüsste er, dass eine Packung etwa dem Gehalt von 61 Zuckerwürfeln entspricht. Darüber klärt ein schwäbisches Pilotprojekt des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Kaufbeuren auf. Offenbar mit Erfolg, denn eine Studie bescheinigt dem Vorhaben eine "überaus erfolgreiche Bilanz", berichtete Amtsleiterin Maria Rita Zinnecker.
Seit eineinhalb Jahren läuft das Projekt in Kaufbeuren unter Leitung der Diplom-Ökotrophologin Mara Nussbaum, die eigens dafür eingestellt wurde. Ziel war es, Eltern von Kindern bis drei Jahre den Stellenwert bewusster Ernährung besser zu vermitteln. "Damit soll ein gesundheitsfördernder Lebensstil aufgebaut werden. Und die Eltern sind uns für ihre Unterstützung auch dankbar", so Zinnecker. Neben der Aufklärung, wie viel Zucker oder andere Inhaltsstoffe in der Nahrung sind, wird auch der Bewegungsmangel thematisiert, da Übergewicht eine immer größere Rolle in der Gesellschaft spiele. "Deshalb muss kein Sport, sondern kann auch Bewegung mit Alltagsmaterialien gemacht werden", erklärt Nussbaum.
Natürlich stehe auch gesundes Essen im Mittelpunkt: Kinderfreundlich und schmackhaft aufbereitet könne Gemüse oder Obst als "Piratenspieß" oder "Prinzessinnenquark" schmecken, so Nussbaum.
Das bayerische Landwirtschaftsministerium ließ die Pilotprojekte in den Bezirken prüfen und stellte fest: Viele Teilnehmer besuchten erstmals ein solches Angebot und bekamen dabei neue Informationen über Ernährung und Bewegung. Dabei seien in Kaufbeuren die Teilnehmer entweder vorab informiert oder wie Menschen mit Migrationshintergrund oder sozial schwächer Gestellte nur über ein Netzwerk zu erreichen gewesen, erläuterte Elisabeth Hiepp, Abteilungsleiterin im Landwirtschaftsamt.
Dem von Nussbaum geschaffenen Netzwerk gehören nämlich Kinderärzte und Hebammen, die Kinderschutzstelle oder Diätassistenten, Krankenkassen oder karitative Vereine und Sportklubs an, so Hiepp weiter.
Ernährungsminister Helmut Brunner will nun das erfolgreiche Projekt auf alle 47 Ämter in Bayern ausdehnen und dafür sogar Stellen schaffen. Was auch als dringend notwenig angesehen wird: Seitdem die Ämter 2008 reformiert wurden und den Begriff Ernährung im Titel führen, wurde beispielsweise in Kaufbeuren lediglich die befristete Projektstelle für Nussbaum geschaffen.
Trotzdem freuen sich die Mitarbeiter auch über kleine Schritte in diesem Bereich. Das Amt in Kaufbeuren sei als Standort für Ernährungsberatung nämlich prädestiniert, meint Zinnecker: "Denn wir haben bei uns die Technikerschule für Hauswirtschaft im Haus." Doch vorerst soll Nussbaum, deren Vertrag noch dieses Jahr weiterläuft, das Projekt vertiefen: Künftig sollen dann auch Jugendliche und Senioren zur Zielgruppe gehören. "Und wir haben ein Kinderbuch zum Thema Ernährung in Planung ", so Nussbaum.