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Kampfeswillen - und ein mulmiges Gefühl

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Kampfeswillen - und ein mulmiges Gefühl

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    Von Ingrid Grohe|WestallgäuViele sprechen von einer Art 'Galgenhumor'. Wenn sich die Milchbauern abends treffen, wird viel geratscht und auch gelacht - und doch hat fast jeder ein mulmiges Gefühl im Bauch. Den Hahn am Milchtank aufzudrehen und das wertvolle Lebensmittel in die Grube laufen zu lassen fällt jedem schwer. An vier Orten im Westallgäu kommen die Landwirte seit Montag täglich zusammen, um sich selbst und andere zum Mitmachen beim Lieferboykott zu motivieren. Zwei Gefühle herrschen vor, wie aus einer Umfrage bei Bauern hervorgeht: Kampfeswillen und Nachdenklichkeit.

    Weiler Etwa 30 Landwirte fanden sich vorgestern Abend im Gasthaus 'Reichart' in Weiler zusammen. Einige kamen erst gegen 22 Uhr, nach der Heuernte. Laut Matthias Schütz, 2. Vorsitzender des BDM-Kreisteams, ist es für jeden Bauern ungeheuer wichtig in diesen Tagen, zu wissen, dass er nicht allein dasteht. Denn: 'Wir alle haben ein Riesenproblem damit, die Milch wegzuschütten.' Die Stimmung beim Treffen sei positiv gewesen, berichtet Schütz. Kollegen, die den Boykott nicht mittragen, würden nicht unter Druck gesetzt. Stattdessen versuche man, sie in Gesprächen zum Mitmachen zu bewegen. Nach Weiler sind auch einige Bauern aus Möggers (Vorarlberg) gekommen. 'Die ziehen mit, obwohl sie von ihrem Verband noch kein Signal erhalten haben', sagt Schütz.

    Wildberg Kollegen aus Vorarlberg haben sich auch beim Bauernstammtisch in Wildberg eingefunden. 'Das müssen wir durchziehen', waren sich die 35 Anwesenden einig, wie Georg Rogg aus Oberreitnau erzählt. Die Boykottbereitschaft der Milchbauern im unteren Landkreis sei hoch, erzählt Rogg.

    Mittelhofen Sehr sachlich haben die etwa 40 Bauern diskutiert, die sich in Mittelhofen im Gasthaus 'Ziegler' getroffen haben. BDM-Kreisvorsitzender Armin Eugler erklärte hier seinen Kollegen, warum der Boykott jetzt notwendig geworden sei. Eugler wurde auch gefragt, wie es nach der Aktion weitergehen soll. Ziel sei es, dass die flexible Milchmengensteuerung in die Hand der Bauern übergeht, so der BDM-Mann.

    Maria-Thann Im Maria-Thanner Bürgerstüble kommen Milchbauern aus den Gemeinden Hergatz, Hei- menkirch und Opfenbach zusammen. Knapp 20 waren es am Abend des ersten Boykott-Tags. Als 'Galgenhumor' haben Wolfgang Hagspihl und Michael Zeh die Stimmung unter den Bauern empfunden. 'Viele haben ethische Bedenken. Es ist einfach knallhart. Damit muss jeder klarkommen', sagt Zeh. Deshalb sei dieser Tage der Austausch untereinander so wichtig: 'Wenn Du allein am Hof bist und sinnierst nach - da wirst Du verrückt.' Hagspihl sagt, noch nie zuvor habe er so viele aufmunternde Gespräche führen müssen. 'Viele sind brutal unsicher. Am besten ist es, die Milch gleich weglaufen zu lassen, bevor man sie recht sieht. Meinen Kühen habe ich gesagt: Ihr könnt ja nichts dafür.' Hagspihls Frau Christine hat auch eines der Treffen besucht. 'Das war gut. So ersparen wir uns die täglichen Diskussionen daheim.'

    Auch Bio-Bauern machen mit

    Michael Zeh aus Engelitz ist Biobauer und derzeit mit seinem Milchpreis eigentlich zufrieden. Trotzdem beteiligt er sich am Boykott. Ein Grund dafür ist die Solidarität mit den Kollegen. Aber er kämpft mit seinen konventionell wirtschaftenden Kollegen auch aus eigenem Interesse: 'Wenn die Differenz zwischen konventionell und Bio zu groß wird, dann stellen zu viele um. Und dann ist in zwei Jahren auch der Markt für Biomilch kaputt.' Michael Zeh weiß, dass es beim sogenannten Milchstreik um den ganzen Berufsstand geht. 'Da zählt jeder.'

    " Siehe auch Allgäu-Rundschau, Bayern-Seite und Seite 1

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