Die Pizzeria "Bassano" in Oberstaufen: Treffpunkt der AfD im Ober- und Westallgäu. Es ist das Restaurant von Wirt Axel Keib, selbst bekennender AfD-ler und Vorstandsmitglied des AfD-Kreisverbandes Oberallgäu-Kempten-Lindau. Bei ihm trifft sich die AfD regelmäßig zu Veranstaltungen und Stammtischen. Diese Woche hatte der AfD-Direktkandidat und Kreisvorsitzende Rainer Rothfuß einen Wahlkampf-Auftritt im "Bassano" gehabt. Zwei Tage später, in der Nacht auf Donnerstag, haben Unbekannte am "Bassano" Fensterscheiben eingeschlagen und die Hauswand mit dem roten Schriftzug "FASCHOSCHWEIN" besprüht. Ein Zufall? Rainer Rothfuß selbst spricht in einer Pressemitteilung von einem "politisch motivierten Anschlag", der mit seinem Besuch im "Bassano" zusammenhängt. Er sieht sich also auch selbst als Ziel.
Rothfuß: "Linker Terror", "freiheitliche demokratische Grundordnung bedroht"
Der Sachschaden beläuft sich laut Polizei auf etwa 5.000 Euro. Der Polizeibericht nennt es "Sachbeschädigung". Rothfuß sieht das offenbar anders: "Dass nun in direktem zeitlichem Zusammenhang auch noch Sachbeschädigungen diesen Ausmaßes und sogar in Wiederholung an der Gaststätte Bassano verübt werden, das kann ich nur noch als linken Terror bezeichnen. Die freiheitliche demokratische Grundordnung wird in unserer Region von Linksextremisten bedroht", wettert er in seiner Mitteilung gegen die unbekannten Täter. Bei seinem Wahlkampf-Besuch in Oberstaufen habe er "noch den Dialog mit den Gegendemonstranten gesucht", dieser Dialog "wurde mir mit aggressiven Schreiparolen verwehrt und ich wurde umgehend mit Drohgebärden von den Demonstranten eingekesselt", beschreibt er die Situation bei seinem Wahlkampf-Auftritt.
Das sagt Oberstaufens Bürgermeister
Rainer Rothfuß spricht in seiner Pressemitteilung den Oberstaufener Bürgermeister Martin Beckel direkt an:
„Ich wünsche mir, lieber Herr Beckel, dass wir uns gemeinsam in einem Gespräch verständigen, wie wir solche Auswüchse der Aggression und Gewalt in Oberstaufen eindämmen können. Es steht der Kur- und Erholungsgemeinde nicht gut an, wenn der Linksextremismus weiterhin lärmend das Bild der Stadt prägt. Leider wird dies auch für alle Gäste des erneuerten Freizeitbads Aquaria nun sichtbar, wenn diese an der zerstörten Fassade des Bassano entlang zum Parkhaus fahren oder zum Bad gehen. Gerade die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag sollte doch in unserer Demokratie auch in Oberstaufen die Möglichkeit haben in ruhiger und sicherer Atmosphäre ihre Versammlungen zu ganz normalen tagespolitischen Themen durchführen zu können.“
"Der Vorfall ist grundsätzlich Sache der Polizei."
Bürgermeister Beckel merkt auf Nachfrage vonall-in.dezunächst an, dass er verwundert sei, dass sich Rothfuß über eine Pressemitteilung an ihn wendet und nicht direkt. Darüber hinaus sei er für Gespräche grundsätzlich bereit. "Allerdings verspreche ich mir nicht allzu viel davon, weil das Sache der Polizei ist", so Beckel. Oberstaufen als Kommune ist demnach nicht die zuständige Behörde. Davon abgesehen sei aber klar, dass man eine demokratisch legitimierte Partei dulden müsse. Was man dagegen nicht dulden dürfe, seien Sachbeschädigungen.
Kein Linksextremismus in Oberstaufen
Die Formulierung "wenn der Linksextremismus weiterhin lärmend das Bild der Stadt prägt", kann Beckel überhaupt nicht nachvollziehen. Der Verdacht läge natürlich nahe, dass die jüngsten Sachbeschädigungen am "Bassano" aus der linken Ecke kommen. Seiner Einschätzung nach tritt Linksextremismus in Oberstaufen aber "nahezu überhaupt nicht" in Erscheinung und "prägt schon gar nicht weiterhin lärmend das Bild der Stadt". Stattdessen: "Nur wenn sich die AfD im 'Bassano' trifft, gibt es Proteste, aber ob die aus der linksextremen Ecke kommen, wage ich zu bezweifeln", so Beckel. Er kenne einige der Gegendemonstranten, und das seien "eher ganz vernünftige Leute aus der Mitte der Gesellschaft."
Beckel: "Zustand des "Bassano" ist ohnehin schlecht für das Bild"
Was die Außenwirkung für den Tourismusort Oberstaufen angeht, ist für Beckel auch eher das "Bassano" an sich das Problem. Rothfuß spricht in seiner Pressemitteilung speziell die Auffahrt zum Erlebnisbad "Aquaria" an, dass Besucher "an der zerstörten Fassade des 'Bassano' entlang zum Parkhaus fahren oder zum Bad gehen". Beckel dazu: "Die Zufahrt zum 'Aquaria' leidet eher am schlechten Zustand des gesamten Anwesens des 'Bassano' und Oberstaufen als Tourismus-Magnet leidet unter den Versammlungen der AfD." Weder das "AfD-Lokal" noch die Gegendemos tragen seiner Meinung nach zum hervorragenden Image als Gastgeber bei, das sich Oberstaufen erarbeitet hat. Dennoch betont der Bürgermeister mit Blick auf die Sachbeschädigungen am "Bassano", dass jede Form von Gewalt grundsätzlich abzulehnen sei. "Auch wenn ich natürlich nicht auf einer Linie mit der AfD bin: Die AfD muss trotz allem behandelt werden wie alle anderen auch."
AfD im Westallgäu schon mehrfach Ziel von AfD-Gegnern
Bereits mehrfach waren AfD-Vertreter im Westallgäu Ziele von Vandalismus. Unter anderem haben im Dezember 2020 Unbekannte dasWohnhaus des Kreisrats und AfD-Politikers Matthias Roder in Wohmbrechts beschmiert, Rothfuß selbst hatte im August 2020 Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt, weil angeblich jemand dieSicherungsbolzen am Bremssattel des rechten Hinterrads seines Autos gelösthat.
Rothfuß ruft nach dem Staatsschutz
Rothfuß sieht jetzt den Staatsschutz in Kempten in der Pflicht: "Die sichere Durchführung eines freien und demokratischen Wahlkampfs muss auch in unserer Region garantiert werden." Die Sachbeschädigung am "Bassano" nennt er einen Einschüchterungsversuch, der "von fehlenden Argumenten" zeuge, spricht außerdem von "faschistischen Methoden" der Gegenseite. Hinweise nimmt die Polizei in Oberstaufen unter Tel. 08386/93930-0 entgegen.