Die langanhaltende Trockenheit im Allgäu und die anstehende Hitzewelle bereiten den Experten vom Wasserwirtschaftsamt Kempten Sorgen. Bereits das ganze Jahr 2022 hinweg hat es in der Region trotz teils heftiger Unwetter zu wenig geregnet und die Grundwasserpegel sinken seit Jahren immer weiter. Das hat jetzt auch Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung im Allgäu.
Trinkwasserversorgung in einigen Gemeinden bereits kritisch
Nach Angaben des Leiters des Wasserwirtschaftsamtes (WWA) Kempten, Karl Schindele, funktioniert die Trinkwasserversorgung in den Allgäuer Gemeinden aktuell noch. Allerdings gebe es bereits Gemeinden, in denen der Grundwasserpegel einen kritischen Bereich erreicht habe. Besonders betroffen sind Ortschaften, die Wasser aus kleinen Quellen, bzw. verhältnismäßig oberflächennah entnehmen müssen. Sollte es - so wie vorhergesagt - in den kommenden Wochen extrem heiß werden und trocken bleiben, dann kann die Trinkwasserversorgung in diesen Gemeinden nicht mehr wie gewohnt gewährleistet werden.
Höhere Gefahr von verseuchtem Trinkwasser
Grundsätzlich ist das entnommene Grundwasser in der Regel verhältnismäßig keimfrei. Sollten Leitungen allerdings nicht mehr gut durchspült werden, könnten unerkannte Schäden im Leitungssystem der Gemeinden in den nächsten Wochen auch vermehrt zum Auftreten von gesundheitsschädlichen Keimen führen. Laut Schindele steigt mit zunehmender Trockenheit und Hitze automatisch auch die Gefahr von verunreinigtem Trinkwasser. Die Folge: Die Wahrscheinlichkeit, dass in einzelnen Gemeinden in den nächsten Wochen das Leitungswasser abgekocht werden muss, steigt.
Unklar, welche Gemeinden betroffen sein werden
Laut dem Leiter des WWA Kempten lässt sich aktuell jedoch nicht genau prognostizieren, ob und in welchen Gemeinden in den nächsten Wochen ein Trinkwasser-Problem entstehen wird. Klar ist aber auch: Viele Gemeinden haben für solche Fälle vorgesorgt. Häufig gebe es Versorgungsleitungen zu anderen Ortschaften über die im Notfall Trinkwasser bezogen werden kann.
Hoffen auf "Landregen"
Beim Wasserwirtschaftsamt hat man keine Möglichkeiten, um ein weiteres Absinken der Grundwasserpegel zu verhindern. Deswegen hoffen die Experten dort auf Niederschläge. Ideal wäre hier ein sogenannter Landregen: Also ein über mehrere Tage anhaltender mäßiger Niederschlag. Dieser hätte zur Folge, dass der Regen allmählich ins Erdreich absickern könnte. Starkregen-Ereignisse wie in den letzten Wochen bringen laut Schindele hier weniger. Der Grund: Die großen Wassermassen versickern nicht im gleichen Maße im Boden, sondern fließen an der Oberfläche ab. Allerdings: Landregen ist im Allgäu in der jüngsten Vergangenheit immer seltener vorgekommen.
Fließgewässer mit niedrigen Pegelständen - Ausgleich durch Rottachspeicher
Ebenfalls niedrig sind im Allgäu derzeit aber nicht nur die Grundwasserpegel. Auch die Fließgewässer in der Region führen deutlich weniger Wasser als üblich. Von Seiten des WWA Kempten zieht man deswegen eine Wasserableitung aus dem Rottachspeicher in den kommenden Tagen in Betracht. Dadurch kann zumindest der Pegel der Iller etwas ausgeglichen werden. Aber: Diese Maßnahme werde das WWA Kempten nur sehr vorsichtig durchführen, so Schindele weiter. Der Grund dafür sei, dass derRottachspeicherauch im August (dieser soll aktuellen Prognosen ebenfalls sehr heiß und trocken werden) noch seine Funktion als Ausgleichsbehälter erfüllen soll.
Rottachspeicher soll die Iller auch "abkühlen"
Mit dem abgeleiteten Wasser wird allerdings nicht nur der Pegel der Iller stabilisiert werden. Aufgrund des kühleren Wassers aus dem Speicher, versucht das Wasserwirtschaftsamt auch die steigenden Wassertemperaturen der Iller zu senken. Denn: Je wärmer das Wasser der Iller, desto niedriger der Sauerstoffgehalt. Ein zu niedriger Sauerstoffgehalt bedroht die Fischpopulationen des Flusses - allen voran die der Salmoniden (Forellen, Huchen etc). Denn diese sind besonders auf sauerstoffreiches und damit möglichst kaltes Wasser angewiesen. Sollte die Abkühlung der Iller nicht gelingen, kann ein umfangreiches Fischsterben und eine nachhaltige Schädigung des Ökosystems der Iller die Folge sein.
Trockenheit und Hitze hat auch Auswirkungen auf die Badegewässer im Allgäu
Je länger und heftiger in den kommenden Wochen dieHitzewelleund die damit verbundene Trockenheit im Allgäu ausfallen, umso größer wird auch Gefahr, dass einzelne Badegewässer gesperrt werden könnten. Laut Schindele seien zwar die jeweiligen Gesundheitsämter für die Überprüfung der Wasserqualität der Badeseen zuständig. Klar aber sei dennoch: Mit steigenden Wassertemperaturen steige auch die Gefahr von Blaualgen. Die oft explosionsartige Ausbreitung der Blaualge stellt für Mensch und Tier ein nicht unerhebliches Gesundheitsrisiko dar, denn Blaualgen produzieren teils hochgiftige Stoffe. Betroffene Gewässer müssen in diesem Fall dann durch die Gesundheitsämter für den Badebetrieb gesperrt werden.