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Das Leben ist nicht schlechter, nur anders

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Das Leben ist nicht schlechter, nur anders

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    Von Christiane Taube, Kaufbeuren/Cochrane - Seit sieben Jahren lebt die Kleinkemnaterin Elisabeth Schindele (32) auf einer Farm in Patagonien in Chile. 'Wegen der Liebe' ist sie nach einem Reiterurlaub in Südamerika geblieben und hat dort eine Familie gegründet. Sie lebt mit ihrem chilenischen Mann und ihrem elfmonatigen Sohn Bernardo von der Landwirtschaft und ihrem Campingplatz. Zur Zeit ist sie bei ihren Eltern zu Besuch. Genau zwischen den zwei großen Eisflächen Chiles, dem so genannten Inlandeis, im Gebiet des Rio Nadis haben die Kleinkemnaterin und ihr Mann Rosendo Sanchez nun ihr eigenes 'Campo' - ihr Anwesen. Sie versorgen sich mit ihren Tieren und ihren Gärten fast vollständig selbst. Nur wenige Lebensmittel wie Zucker oder Salz müssen sie in Cochrane kaufen, dem nächsten, 60 Kilometer entfernten, Ort. Beim Einkauf schafft sich die Familie immer gleich einen Vorrat für ein bis zwei Monate an. Neben der Farm betreiben Elisabeth Schindele und ihr Mann noch einen Campingplatz. Außerdem ist Schindele Schriftführerin in einem kleinen Bauernverband, über den die Farmer Projekte beantragen können. Sie hat sich zum Beispiel für ein Projekt für Tourismus beworben. Die Arbeit auf der chilenischen Farm sei ganz anders als diejenige deutscher Bauern, erzählt sie: 'Wir haben eine viel größere Vielfalt an Tieren, aber kaum Maschinen. Wir müssen alles selbst machen, wie zum Beispiel Brot backen oder schlachten. Wenn etwas kaputt geht, reparieren wir es selbst.' Landwirtschaftliche Produkte verkaufen sie nicht, da der Aufwand ohne große Maschinen zu hoch wäre. Außerdem gäbe es auch keine Abnehmer in der Umgebung, da die Nachbarn selbst produzierten. Für weitere Wege seien die Transportkosten zu hoch. 'Nur Kälber verkaufen wir', sagt Schindele. 'Einmal im Jahr feiern wir mit unseren sechs Nachbarfamilien ein Fest zur Kälbermarkierung. Zuerst arbeiten wir zusammen und fangen die Kälber mit dem Lasso ein, um sie markieren zu können. Danach feiern wir.' Dabei sitzen Männer und Frauen getrennt, was für die Kleinkemnaterin gewöhnungsbedürftig war. 'Ich verstand nicht, warum nicht alle gemeinsam sein können.' Mittlerweile hat sie Verständnis dafür und findet es sogar gut. Die Männer kommen nämlich durch ihre Arbeit öfter aus dem Haus und treffen sich dadurch häufiger. Die Frauen hingegen sind meist daheim beschäftigt. Durch die Trennung von Männern und Frauen bei den Treffen hätten auch die Frauen Gelegenheit, untereinander ihre Probleme zu bereden.

    Andere Mentalität 'Die Menschen in Chile haben eine ganz andere Mentalität als die Deutschen. Sie haben ihre eigenen Gesetze und Regeln. Ich habe mich bei ihnen gut eingelebt, da ich versuchte ihre Regeln und ihre Gebräuche einzuhalten', erzählt Schindele. Das Leben in Chile sei naturverbundener als in Deutschland, aber auch anstrengend. 'Drüben beschäftigen einen andere Sachen: Das Wetter oder die Kartoffelernte statt Handy oder Sommerschlussverkauf.' Die Beziehung zu den Nachbarn und zu den Tieren sei intensiver als es in Deutschland der Fall sei. Daher fühle sie sich nicht einsam. 'Das Leben in Chile ist nicht besser oder schlechter, nicht leichter oder schwerer, sondern einfach anders.' Am meisten vermisst sie ihre Familie, aber auch hierzulande alltägliche Dinge wie Konzerte oder eine Zeitung. Nicht einmal Fernsehen, Radio oder Telefon besitzt sie auf der Farm, da es keinen Empfang gibt. So hat sie zum Beispiel vom Irakkrieg wenig mitbekommen. Nur von Cochrane aus kann sie ihre Eltern anrufen oder Briefe abschicken. Alle zwei bis drei Jahre besucht sie ihre Eltern. In Kaufbeuren genießt sie dann den Tänzelfestzug, die Freibäder und den Kuchen ihrer Mutter. 'Dass Elisabeth in Chile bleiben würde, hätten wir nicht gedacht', sagt ihre Mutter Rosmarie Schindele. 'Wir sehen sie zwar selten, aber wir wollen, dass sie glücklich ist.'

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