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Wilhelm Keitel (My Fair Lady) arbeitete 1985 an der Seite des Star-Dirigenten Leonard Bernstein

Porträt

Wilhelm Keitel (My Fair Lady) arbeitete 1985 an der Seite des Star-Dirigenten Leonard Bernstein

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    Wilhelm Keitel (My Fair Lady) arbeitete 1985 an der Seite des Star-Dirigenten Leonard Bernstein
    Wilhelm Keitel (My Fair Lady) arbeitete 1985 an der Seite des Star-Dirigenten Leonard Bernstein Foto: Hermann Ernst

    Mit 33 Jahren erfüllte sich für Wilhelm Keitel ein Traum: Unter 80 internationalen Nachwuchsdirigenten wurde der studierte Musiker 1985 ausgewählt, um beim traditionellen Sommerfestival des Boston Symphony Orchestra in Tanglewood (Massachusetts/USA) mitzumachen. Zu den Lehrmeistern gehörte kein Geringerer als Leonard Bernstein (1918 – 1990). Und der wählte Keitel danach zu seinem Assistenz-Dirigenten. 'Es war die schönste, aber auch anstrengendste Zeit in meinem Leben', erzählt der 61-jährige künstlerische Leiter des Musicals 'My Fair Lady' auf der Altusrieder Freilichtbühne, das bislang rund 15 000 Besucher sahen.

    Zwei Monate wohnte Keitel bei dem legendären Dirigenten und Komponisten in New York. Bernstein bereitete damals mit den New Yorker Philharmonikern die Aufführung einer Mahler-Symphonie vor. Es muss eine wilde Zeit gewesen sein. 'Bernstein war ein Mensch, der permanent am und überm Limit gelebt hat', erinnert sich Keitel und grinst vielsagend. Mehr will er nicht verraten. Auch aus Respekt dem großen Bernstein gegenüber. Doch dann, nach zwei Monaten, stieg Wilhelm Keitel freiwillig herab vom Dirigenten-Olymp. 'Ich war verheiratet und hatte ein Kind', erzählt Keitel. 'Ein Kapellmeister in Deutschland zu sein, das schien mir der sichere Weg.'

    Doch die klassische Kapellmeister-Schule sollte dem in Schwäbisch Hall geborenen Musiker, der ursprünglich Medizin studiert hatte, nicht schmecken. Das stellte er bereits an seiner ersten Stelle am Stadttheater Würzburg (1985 – 1987) fest. Der ständige Konflikt mit den Dienstplänen der Orchestermusiker regte ihn auf. 'Ich habe schnell gemerkt, dass ich für diese Arbeit nicht geschaffen bin.' Und so wagte Keitel den Sprung in die Selbstständigkeit. 1987 dirigierte er in Stuttgart Glucks 'Orfeo ed Euridice'; die Aufführung wurde verfilmt und erhielt sogar einen Preis. 'Es war ein toller Erfolg, praktisch von null auf hundert', erinnert sich Keitel. Doch dann folgte der Absturz.

    Eine aufwendige Show anlässlich des 100. Geburtstages von Jean Cocteau (1989) wurde ein Flop: Das siebenstündige Nonstop-Programm in einem Zirkuszelt mit Schauspiel, Film, Oper, Ballett und Film wollten nur wenige sehen. Am Ende saßen Keitel & Co auf einem Berg von Schulden. Doch eine 'gute Fee' in Gestalt von Keitels Schwiegervater beglich später die Schulden. Von der Last befreit startete Keitel durch. Er gründete und leitete das Rossini-Festival in Bad Wildbad (1989 – 1991), das Putbus-Festival auf Rügen (1992 – 2000) und dirigierte (1997) Opern in Manaus (Brasilien).

    Weil er jedoch ein Orchester wollte, mit dem er 'durch dick und dünn gehen' konnte, gründete er 1994 das Minsk Orchestra und feierte damit Erfolge. Eng ist die Bande mit der Drei-Millionen-Stadt Minsk in Weißrussland. Seit neuestem ist Keitel Chef des Orchesters und Chors des weißrussischen Rundfunks. Und bei 'My Fair Lady' dirigiert er das Orchester der Bolschoi Oper Minsk, mit dem er seit zwölf Jahren kooperiert.

    Frau und Sohn leiten Produktion, Tochter gibt Eliza Doolittle

    Bei der über eine Million teuren Altusrieder 'My Fair Lady'-Produktion fungiert Keitel als musikalischer und künstlerischer Leiter. Ehefrau Beate und Sohn Fabian haben die Produktionsleitung, Tochter Mariel Ann ist die Zweitbesetzung der Eliza Doolittle.

    Seit seiner ersten großen Operetten-Produktion 2008 (Zigeunerbaron) fühlt sich Wilhelm Keitel in Altusried wohl. 2010 folgte der Vogelhändler, 2011 das Schwarzwaldmädel. Mit jeder Operetten-Produktion möchte er in Altusried neue Wege einschlagen: 'Wir wollen den Leuten immer was bieten, was sie hier noch nicht gesehen haben.'. So sitzt das Orchester bei 'My Fair Lady' unter einem gigantischen Grammophon, in der berühmten Ascot-Szene gibt es statt lebendiger Pferde Kinder, die sich Pferdeattrappen umgeschnallt haben und ein roter Londoner Doppeldecker-Bus kommt zum Einsatz. Und was folgt auf 'My Fair Lady'? 'Ich könnte mir das Weiße Rössl gut vorstellen. Da hätte ich die Besetzung schon im Kopf. Oder den Bettelstudenten oder, warum nicht, den Freischütz. In jedem Fall muss es eine Operette sein, die tolle Außenszenen zulässt.'

    Nächste Aufführung von 'My Fair Lady' am Donnerstag 26. Juli (20 Uhr). Weitere Termine bis 5. August jeweils freitags und samstags (20 Uhr), sonntags (16.30 Uhr). Karten: Service-Center unserer Zeitung, Kartenbüro Altusried (Telefon 018 05/59 22 00).

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