Ob nun 'Jingle Bells' aus dem Radio tönt, die Weihnachtsdekoration im Supermarkt mit der Sonne um die Wette funkelt oder die mal mehr, mal weniger geschmackvoll geschmückten Fußgängerzonen im Lichterglanz erstrahlen – Das Fest der Liebe ist dieser Tage allgegenwärtig. Familie und Freundschaft, Glaube und Besinnlichkeit – Das sind die Werte an Weihnachten. Kein Besuch, kein Tannenbaum, Einschluss um 15.50 Uhr – Das sind die Vorschriften an Heiligabend für die Insassen der Justizvollzugsanstalt Kempten. Wie die Gefangenen Weihnachten feiern - all-in.de war mit der Videokamera vor Ort.
Von Vorweihnachtszeit ist im Kemptener Nordosten, in der Reinhartser Straße 11, kaum etwas zu spüren. Rund 430 Männer, viele von ihnen aus dem Allgäu, leben unter dieser Adresse und werden das kommende Weihnachtsfest dort verbringen – inhaftiert in der Justizvollzugsanstalt Kempten. Weihnachten im Gefängnis, berichtet der Leiter der JVA Kempten Gisbert Rehmet, fällt den Gefangenen besonders schwer. 'Für die Häftlinge ist es natürlich eine harte Zeit.' Aus Personalmangel kann die JVA keine Besuche an Wochenenden und Feiertagen ermöglichen, also auch nicht an Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen. Jegliche Weihnachtsdekoration in den Hafträumen muss aus Sicherheitsgründen untersagt werden und organisatorisch unterscheiden sich die Festtage kaum vom Alltag. Der Ablauf an Heiligabend: Um 7.50 Uhr werden die Gefangenen geweckt, um 9 Uhr gibt es Frühstück, dann die Messe. Anschließend wird zu Mittag gegessen und schon müssen die Häftlinge um 12:00 Uhr auf ihre Zellen zurückkehren. Ab 13:30 Uhr dürfen sich die Insassen der JVA Kempten in den Abteilungen frei bewegen, bis sie um 15:50 bis zum nächsten Tag eingeschlossen werden. Etwas besonderes ist die Speisekarte der JVA - zu Heiligabend bietet die JVA einen Klassiker, der auch außerhalb der Gefängnismauern bei vielen auf den Tisch kommt. 'Wir bieten Bratwurst mit Sauerkraut und Kartoffelpüree", erzählt Rehmet. An den Feiertagen gibt es dann ein halbes Hähnchen mit Gemüsereis und Krustenbraten mit Klößen und Kraut. Weihnachten - Das Fest der Familie Auch Annegret Pfirsch macht sich Gedanken über die Weihnachtszeit im Gefängnis. Die Seelsorgerin ist seit rund vier Jahren für die JVA als evangelische Anstaltsgeistliche tätig und begleitet die Häftlinge Tag für Tag. 'Gerade in der Weihnachtszeit fällt es den Gefangenen oft besonders schwer, eingesperrt zu sein', erklärt sie. 'In dieser Zeit wird ihnen häufig bewusst, was Ihre Straftaten für Auswirkungen haben, vor allem wie sehr sie ihre Familien damit belasten.' Und so ist es an Heiligabend und den Feiertagen meist sehr still in den Gängen der JVA Kempten. 'Die Gefangenen ziehen sich größtenteils sehr schnell auf ihre Zelle zurück und versuchen, diese Tage so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.' Neben ihrer täglichen Arbeit als Seelsorgerin organisiert Annegret Pfirsch auch die ökumenischen Gottesdienste am Heiligabend. Gleich zwei Messen müssen die Seelsorger anbieten, denn die Nachfrage ist groß. 'Jesus wurde zu den verlorenen Schafen geschickt, zu Menschen, die in Leid und in Schwierigkeiten sind – diese Botschaft kommt an', berichtet die Geistliche weiter. 'Wir versuchen ein wenig Normalität zu vermitteln', und folglich gibt es auch eine kleine Aufwendung – also eine Bescherung, wenn man so will. Ein kleines Paket, gepackt von Ehrenamtlichen und finanziert über Spenden, mit Tabak, Kaffee und Plätzchen wird jedem der 430 Männer überreicht. 'Die Geste zählt für die Gefangenen ungemein viel. Da ist jemand außerhalb der Haftanstalt, der an sie denkt, der sich um sie kümmert. Das ist viel wert', sagt Pfirsch. Außerdem befindet sich in jedem Paket ein kleiner grüner Zweig, den sich die Häftlinge in ihren Zellen aufhängen dürfen. 'Das gestehen wir unseren Insassen zu und sie freuen sich sehr darüber', erzählt Gisbert Rehmet abschließend. Und so kommt auch in der JVA Kempten zumindest ein wenig weihnachtliche Stimmung auf.Advent: Weihnachten hinter Gittern – Häftlinge der JVA Kempten feiern Christi Geburt
