Jazz: Titus-Waldenfels-Band und Julia Schröter gestalten in Sonthofen ein mitreißendes Konzert

29. Februar 2012 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Rainer Schmid

Auf den Stern von Schwabylon

'Wach auf, bleib stehn, lass uns zur Isar gehn!' Wenn Julia Schröter singt, Titus Waldenfels Banjo schrubbt, Tiny Schmauch Kontrabass zupft, Michael Reiserer Schlagzeug spielt und Peter Krämer die Cajon-Sitztrommel schlägt – dann schläft garantiert niemand mehr. Der Rhythmus, genauer: der Groove, den die Titus-Waldenfels-Band auf der Bühne in der Sonthofer Kultur-Werkstatt erzeugt, ist so bezwingend, so mitreißend, dass das Sitzenbleiben schwerfällt. Und zwar in jeder Facette. Rumba, Samba, Latin Rock, Shuffle, Walzer oder Uptime Swing – eine wilde Mischung serviert da der Münchner Vollblut-Musiker mit seiner Band.

'Kennt jemand noch die Schwabinger Gisela?' fragt Waldenfels mal zwischendurch die Fans an den Tischchen. 'Zu ihrem 83. Geburtstag haben wir neulich ein Ständchen gegeben. Das Lied zu ihren Ehren haben ein paar Studenten vor einem halben Jahrhundert in Schwabing gedichtet.' Und Julia Schröter singt es, ergriffen und ergreifend romantisch, begleitet nur von den 4/4-Akkordschlägen auf Titus’ Gitarre: 'Schwabinger Laterne, Großstadtillusion, jeder hat dich gerne, Stern von Schwabylon'. Das klingt so echt, so anrührend, wie die Essenz eines Liedes überhaupt.

Und bei Titus’ Gitarrensolo grundiert nur sein uriges Foot Tapping den Rhythmus – während die drei Band-Mannen an Trommeln und Kontrabass andächtig still zuhören.

Es ist nicht das einzige Lied, das Waldenfels so sparsam zurückgenommen arrangiert hat für Gesang, Gitarre und Foot Tapping. 'Nimm mich in den Arm, lass mich wieder los!' singt so Julia Schröter später, einer der fünf, sechs eigenen Songs des versierten Bandleaders.

Umso fetziger, lauter, mächtiger fährt dann der 'Brown Eyed'-Shuffle drein, oder die echt brasilianische Samba, auf portugiesisch gesungen, mit einer ausgedehnten 'Battle' zwischen Cajon und Drumset.

Zwischen Uptime und rasant bewegen sich meist die Lieder aus der Kehle des Drummers Michael Reiserer: 'Die Nacht ist nicht zum Schlafen da', oder 'Mendocino'.

Während – im unausbleiblichen Vergleich zu Janis Joplin – der 'Bobby McGhee' von Julia Schröter doch zum sehr zahmen Zeitgenossen mutiert ist. Letztes Lied: 'Wieder nichts mit Schlafen, wach die halbe Nacht …' Kein Wunder, bei so viel Rhythmus und Blues im Blut.