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Schwungvoll, pfiffig und facettenreich - My fair Lady auf der Freilichtbühne Altusried

Premiere

Schwungvoll, pfiffig und facettenreich - My fair Lady auf der Freilichtbühne Altusried

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    Schwungvoll, pfiffig und facettenreich - My fair Lady auf der Freilichtbühne Altusried
    Schwungvoll, pfiffig und facettenreich - My fair Lady auf der Freilichtbühne Altusried Foto: Ralf Lienert

    Ob das gut geht? Das Happy End im Musical 'My Fair Lady' zwischen dem überheblichen Professor Henry Higgins und seinem naiven Studienobjekt Eliza Doolittle steht auf wackligen Beinen. Wie hatte er das Blumenmädchen beschimpft? 'Du Fleisch gewordene Beleidigung deiner Muttersprache', 'Rinnstein-Pflanze', 'kannibalische Schlampe'.

    Und Eliza hatte die Demütigungen ertragen, sich zu einer Lady umfunktionieren lassen. Viel Applaus spendeten die rund 1800 Premierenbesucher am Freitagabend den über 120 Mitwirkenden der Neuinszenierung auf der Freilichtbühne in Altusried. Standesgemäß pompös beginnt das über eine Million Euro teure Freiluft-Spektakel: Massenszenen, Stelzengänger, Feuerschlucker, einfaches Volk, herausgeputzte Opern-Besucher, ein original roter Londoner Doppeldecker-Bus und schwarze Londoner Taxis animieren das Publikum zu Szenenapplaus. Und schnell nimmt das Musical von Frederick Loewe (Musik) und Alan Jay Lerner (Buch; deutsche Fassung von Robert Gilbert) Fahrt auf.

    Regisseur Ulrich Wiggers überzeugt als egoistischer Professor, der der festen Überzeugung ist, dass nicht die Herkunft, sondern allein die Sprache den Menschen definiere.

    Und so wettet er mit seinem Freund Oberst Hugh Pickering (charmant und witzig: Urs-Werner Jaeggi), dass er aus der berlinerisch plappernden Eliza innerhalb von sechs Monaten eine fein sprechende Herzogin machen könne. Karoline Goebel glänzt darstellerisch wie gesanglich: Quirlig (zu Beginn etwas überdreht) und mit schlanker Sopranstimme gibt die 25-Jährige das Blumenmädchen, das die Gelegenheit zum sozialen Aufstieg beim Schopf packt und spät merkt, dass sie dafür ihre Identität verliert.

    Tony Marshall singt 'Mit ’nem kleenen Stückchen Glück' Ob sie mit Kieselsteinen im Mund ein köstliches Sprachtraining absolviert oder mit unkonventionellen Plaudereien die feine Gesellschaft irritiert, Goebel weiß sich auf der großen Freilichtbühne effektvoll in Szene zu setzen. Jeweils ein Ruck geht durchs Publikum, wenn Schlagerstar Tony Marshall erscheint. Als Elizas Vater und Müll-Kutscher träumt auch er von einem besseren Leben. 'Mit ’nem kleenen Stückchen Glück' singt der 74-Jährige mit leuchtenden Augen und ist dabei in seinem Schlager-Element. Auch andere Ohrwürmer wie 'Es grünt so grün' oder 'In der Straße, mein Schatz, wo du lebst' (prima: Tobias Wall) zeigen beim Publikum Wirkung.

    Herausragend spielt Naemi Priegel: Die 1941 geborene Schauspielerin verkörperte über 1000 Mal die Eliza Doolittle und agiert als Higgins’ Mutter distinguiert und espritvoll. Als Professor Karpathy beweist der Altusrieder Adrian Ramjoué komödiantisches Talent.

    'My Fair Lady' ist auch ein Schauvergnügen. Dazu tragen neben den umsichtig choreografierten Massenszenen (Mirko Mahr) die bunten Kostüme (Janina Thiel) und die effektvolle Bühne (Matthias Winkler) bei: Im Zentrum steht das etwas zu große und kahle Higgins-Heim in Form eines schneckenförmig-runden Laufstegs.

    In einem gigantischen Grammophon spielt das Orchester des Nationalen Akademischen Bolschoi Opern- und Ballett-Theaters Minsk (Leitung: Wilhelm Keitel) beschwingt auf, doch der Sound ist flach und tieftönig.

    Ein Höhepunkt ist das Pferderennen in Ascot, bei dem sich Kinder Pferdeattrappen um den Bauch geschnallt haben. Und am Schluss beweist Ulrich Wiggers in einem großen Solo als verzweifelter Higgins sein schauspielerisches Talent. Auch wenn die Inszenierung des Happy Ends hölzern wirkt – für das insgesamt stimmige Musical gibt es nach drei Stunden zurecht viel Applaus.

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