"Vom Stift zur Legende" lautet der Titel eines Buches über berühmte Handwerker. "Eigentlich gehört Rolf Lehnert da rein", sagte Kreishandwerksmeister Uli Kaiser bei der Verabschiedung des 70-jährigen Lindenbergers, der 30 Jahre lang an der Spitze der Bauinnung gestanden hat. Weil Lehnert, davor Lehrlingswart, sämtliche Ehrungen schon erhalten hat, wurde ihm und seiner Frau Lilo ein Wellness-Wochenende geschenkt.
"Ich bin mit Leib und Seele Baumeister", sagt er über sich. Deswegen konnte er auch "nicht auf Knopfdruck aufhören". Die Verantwortung für das Bauunternehmen Lehnert (früher Russ) in Heimenkirch trägt allein der Sohn Thomas, jedoch hilft er gerne mit Rat und Tag ein paar Stunden täglich mit.
Der Sohn tritt auch in die Funktionärs-Fußstapfen des Vaters, der den Landesvorsitz im Fachverband Hochbau (für 3000 Firmen zuständig) und den Vorstandsposten auf Bundesebene demnächst abgeben wird. Das Obermeister-Ehrenamt hat der Sohn bereits übernommen.
Rolf Lehnert hat auch im Sport Karriere gemacht. Zunächst als 5000-Meter-Läufer, dann als Finn-Segler, wo er bei 20 Weltmeisterschaften dabei war; auch da ging es nicht ohne Ehrenamt. Bis vor drei Jahren war Lehnert Vizepräsident des Weltverbands, wo er unter anderem das Verbot von Gewichtswesten durchsetzte. Wegen Rückenproblemen nach schweren Bandscheibenvorfällen musste er den geliebten Sport vor acht Jahren aufgeben. Das Risiko, im Rollstuhl zu sitzen, ist ihm zu groß.
Lehnert traf mit etlichen Ministern zusammen. Von den meisten hält er große Stücke, zum Beispiel von Ignaz Kiechle und Theo Waigel. Und seine Beziehungen nutzte er kräftig, um so manchen politischen Schildbürgerstreich zu verhindern. Zum Beispiel die Schlechtwettergeld-Änderung. Zunächst sprach er Kiechle an, der ihm versprach, mit dem zuständigen Minister Norbert Blüm zu reden.

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Der rief wenige Tage später tatsächlich bei Lehnert im Büro an, und lauschte den Argumenten des Praktikers. Das Gesetz kam nicht zustande. "Ich will mir das nicht allein an den Hut heften, da haben auch andere dagegen protestiert", sagt Lehnert. Aber wer weiß
Rolf Lehnert, im Sudetenland geboren, aufgewachsen in Bad Hersfeld, kam über Kempten 1970 ins Westallgäu. Im Landkreis buhlten damals noch 30 Baufirmen um Aufträge, heute sind es gerademal 16. Die Zahl der Bauarbeiter habe sich in Deutschland in dieser Zeit ebenfalls halbiert, von 1,5 Millionen auf 700000. Während seiner Zeit als Geschäftsführer waren bis zu 50 Mitarbeiter beschäftigt, sein Sohn begnügt sich mit nicht mehr als 20. "Früher galt bei Vertragsverhandlungen noch ein Handschlag", erinnert sich Lehnert.
"Beruf ist nichts für Frauen"
Auch wenn die Baustofffe leichter und der technische Fortschritt sein Metier in den letzten 40 Jahren umgekrempelt haben - er ist immer noch ein Verfechter, dass dieser Beruf "nichts für Frauen ist". Denn es ist nicht unbedingt viel leichter geworden. Von der Konstitution her seien die Frauen eben nicht dafür geschaffen, den Beruf des Maurers, Zimmerers oder Betonbauers - den er gelernt hat - ein Leben lang auszuüben.
In seinem turbulenten Berufs- und Sportlerleben ist er überall herumgekommen. Trotzdem ist er heute am liebsten mit seiner Frau im Mobilheim unterwegs. Ein Navi bräuchte er nicht, sagt er, "ich habe den Europa-Atlas von Nord bis Süd und von Ost bis West im Kopf".