War Jesus etwa ein 'Wahrheitsfreak'? Mit diesen und anderen religiös-philosophischen Fragen wetzten sie im fulminanten, rund zweistündigen verbalen Schlagabtausch die Klingen – der hitzköpfige Seminarist Christopher (Constantin Lücke) und sein Mentor Pfarrer Thaddäus alias Thomas Freitag. Unter der Regie von Helmuth Fuschl zündeten die Theatergastspiele Kempf mit Bill C. Davis’ Erfolgs-Komödie 'Der Priestermacher' eine absolute Leuchtspur auf der Immenstädter Hofgartenbühne.
Wem Thomas Freitag bislang vor allem als Kabarettist und Joachim Fuchsberger in der Rolle des grantelnden trinkfesten Pfarrers Thaddäus bekannt war, der erfuhr jetzt eine darstellerische Offenbarung. In Mimik und Gestik fein nuanciert zelebrierte Freitag diesen – zwischen Rotwein-Lust und klerikalem Frust jonglierend – 'Angepassten' als tiefenwirksame Charakterstudie. Wobei sein Gegenspieler, der junge Constantin Lücke, ihm absolut ebenbürtig war.
Das Thema des Stückes um die Kommunikation kirchlicher Standortfragen und die richtige Strategie ihres 'Bodenpersonals' ist brandaktuell. Huldigt man der reinen Lehre oder dem Massengeschmack, opfert man seine hehren Ideale der Quote oder wehrt sich gegen Dogmen und blinden Gehorsam? Bill C.
Davis entfaltet in seinem 'Priestermacher' nicht nur die Konflikte innerhalb der Kirche, sondern auch zwischen den Generationen.
Aufrichtig bis zur Schmerzgrenze
Auf der einen Seite steht der hoffnungsvolle idealistische Seminarist Christopher. Er ist bis zur Schmerzgrenze absolut aufrichtig, verurteilt kompromisslos jegliche Lügen sowie angepasste Spielregeln und das hierarchische Machtgerangel und die falsche Moral der Institution Kirche, der er sein Leben weihen will. Sein Kontrahent ist Pfarrer Thaddäus, der sich – zwischen Burgunder und Stereotypen – behaglich und opportunistisch eingerichtet hat in seiner Gemeinde und mit der Obrigkeit. Ihm wird der aufmüpfige Seminarist zugeteilt, den er zum Priester machen soll.
Wie diese beiden Antagonisten aufeinanderprallen, sich in messerscharfen Dialogen gleichermaßen bis ins Mark entlarven und allmählich emotional annähern, das war – inhaltlich sowie darstellerisch – einfach brillant.
Am Ende wird Christopher Opfer seiner Wahrheitsliebe und deswegen dem Seminar verwiesen. Aber da war – Dank einer aufrüttelnden Thaddäus-Predigt – wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen. Schließlich braucht die Welt dringend solch streitbar unerschrockenen 'Sturm und Drängler'.
Frenetischer Beifall zum Schluss und Bravo-Rufe für die beiden hinreißenden Protagonisten Thomas Freitag und Constantin Lücke.