UBI-Umweltwoche: Kieselklang und Wortgesang im Bonhoeffer-Haus in Buchloe

19. November 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Lucia Buch

Leise Töne in Musik und Wort

Einen ganz besonderen Abend auf der Grenzlinie zwischen Konzert und Dichterlesung bot die UBI als 'Bergfest' ihrer laufenden 9. Umweltwoche. Ein überschaubarer, aber hochinteressierter Kreis hatte sich im Bonhoeffer-Haus eingefunden, um Steinmusiker Karl-Michael Ranftl und Autor Hans Schütz zu lauschen, die sich zwei Stunden lang den Steinen mal von der literarischen, mal von der musikalischen Seite her näherten.

Kennengelernt hatten sich die beiden eher zufällig vor Jahren bei der Eröffnung einer geologischen Wanderausstellung der TU München in Schongau und waren schon damals von den Besuchern spontan als zwei, die unbedingt zusammengehören auf der Bühne, empfunden worden. Seither treten Ranftl und Schütz immer wieder als in dieser Form wohl einmaliges Duo auf, sind aber auch mit Solo-Programmen unterwegs.

Den Reiz des 'Kieselklang und Wortgesang'-Abends machte aber gerade dieses Springen zwischen den künstlerischen Genres aus: Den Anfang machte Ranftl, näherte sich mit seinen Instrumenten, den Steinen, die er im Laufe des Abends fast ehrfürchtig als die wohl ältesten, sicher schon in der gleichnamigen Steinzeit benutzten Instrumente der Menschheit vorstellte, von draußen dem Saal und wusste vom ersten 'Ton' an zu begeistern, zu berühren, in Erstaunen zu versetzen.

Was da erklang, war kein primitives Geschepper, sondern das artifizielle Ausloten mal hellerer, mal dunklerer Klangwerte.

Unter Ausnutzung der Resonanzräume von Handmuschel und Mundhöhle, aber auch in der Art von Stabspielen auf seinem rund um einen Ammoniten drapierten 'Steinzeit-Klavier' zeigte Ranftl dann, dass man ernsthaft und durchaus anspruchsvoll auf Steinen musizieren kann: Die Palette reichte von 'Ein Männlein steht im Walde' und dem 'Bi-Ba-Butzemann' über die Kombination von 'Das Wandern ist des Müllers Lust' über 'Rolling Stones' bis zu 'Freude, schöner Götterfunken' und Bach’schen Orgel-Vorspielen.

Daneben plauderte Ranftl immer wieder aus der (geologischen) Schule, stellte 'seine' Steine vor, musiziert auf reinen Quarz-Klangschalen, präsentierte auch steinzeitliche weibliche Statuetten und griff zwischendurch auch gekonnt und sensibel zur Maultrommel und schenkte seinem Kollegen von der schreibenden Zunft schließlich in anrührender Liedermacherart mit Gitarre eine Vertonung von dessen Gedicht 'Pantha rei I' – 'Alles fließt'.

Womit man bei Hans Schütz angekommen wäre – und dem inhaltlichen Berührungspunkt beider Künstler: Den Flüssen, in denen sich Kiesel und andere Steine bevorzugt herumtreiben, und die auch Schütz in vielfältiger Form in seinen mal lyrischen, mal in Prosa gehaltenen Texten umtreiben.

Wenn der Mittelschullehrer dann aus seinen Büchern – dem autobiographischen 'Nebenstochern', dem Lyrik-Band 'Ich nehm’ das Tagesgedicht', dem 68er-Roman 'Ludwig zum Zweiten' oder der Anthologie des Landsberger Autorenkreises, 'Literarisches Lechrauschen' – liest, wird klar, wo sich der Autor verortet und wem seine Liebe, sein Heimatgefühl gilt: Seiner mitunter gar nicht zimperlichen Kindheit in Lechbruck in den 1950ern, vor allem aber dem Lech und damit allen (Vor)Alpenflüssen, deren Schönheit und Wildheit, aber auch den Gefahren, er wortgewaltig und teils eindeutig umweltschützend politisch positioniert, verspielten Bildern und einem unüberhörbaren Hang zum alliterierenden germanischen Stabreim huldigt.