Den Musikern ganz nah sein, ihnen auf die Finger schauen - und dabei in einer gemütlichen Kneipe sitzen. So stellen sich viele Musikfreunde einen idealen Abend im Jazzfrühling vor - und kommen derzeit in Kempten (außer im "Stift") kaum auf ihre Kosten. Das liegt nicht unbedingt am Veranstalter des Jazzfrühlings, dem Kleinkunstverein Klecks, sondern an den Wirten, die sich aus verschiedenen Gründen (auch wegen schlechter Umsätze) aus dem Jazzfrühling ausklinken.
An den "gemütlichen Altstadt-Engel" und die beeindruckenden Jazzkonzerte dort, erinnert sich Petra Hochgesand aus Waltenhofen gern: "Man war den Musikern so nah, der Funke sprang gleich über." Die Kneipe dort gibt es schon lange nicht mehr. Aber der damalige Koch, Tobias Schlottmann, bestätigt: "Da hat alles gepasst, das war die ideale Musikkneipe." Das müsste doch auch fürs Irish-Pub gelten, in dem er nun Küchenchef ist. Schließlich war dort (im früheren Valentin) der Jazzfrühling-Swing-Club. Warum gibt es im jetzigen Pub keinen Jazz mehr? "Wir sind ein Irish Pub und spielen ausschließlich Irish-Folk. Darauf können sich unsere Gäste verlassen." Jazz passt also nicht mehr ins Konzept.
Und wie sieht es mit dem Neustadt-Engel aus, früher Adresse für Allgäu-Jazz? Das Zehn-Tage-Programm habe regelmäßig ein Umsatzminus und kein Plus in die Engelkasse gespült, sagt Pächter Klaus Knoll. Manche Konzerte seien einfach schlecht besucht gewesen. Er sei deshalb aus der Allgäu-Jazz-Reihe ausgestiegen. Für drei, vier Abende mit bekannten Musikern würde er sein Lokal aber jederzeit wieder zur Verfügung stellen.
Das kann sich Hansjürg Hensler für die Zukunft durchaus vorstellen. Er bedauert ebenfalls, dass es kaum noch Konzerte in heimeliger Kneipen-Atmosphäre beim Jazzfrühling gibt. Der Vorsitzende des Kleinkunstvereins Klecks betont aber auch: "Wir haben eine andere Zielrichtung als die Wirte, denn wir sind kein kommerzieller Veranstalter.
" Der Verein möchte den Jazz in seiner Breite präsentieren, notfalls auch vor kleinem Publikum. Der Allgäu-Jazz, der nun im Haus International residiert, spiele dabei eine wichtige Rolle.
Eine gute Atmosphäre herrsche im "Stift" und im "Klecks" (Musikerfrühstück ab 11.30 Uhr und Nightclub ab 22.30 Uhr). Aber auch in diesen beiden Lokalen seien nicht alle Konzerte ausverkauft und es komme vor, dass weniger Umsatz als erwartet gemacht wird. Deshalb sei es unabdingbar, "dass der Wirt 100 Prozent zum Jazzfrühling steht", sagt Hensler.