Erwartungsvoll schauen die Partygänger zum Discjockey (DJ). Der greift zum Mikrofon: 'Drei – Zwei – Eins – Go!' Ton aus. Hände schnellen nach oben. Tanzende Körper. Klatschen. Kreischen. Aber keine Musik. Silent Clubbing hieß es in der Nacht zum Sonntag im Kemptener Club Ferggies. Laut Veranstalter zum ersten Mal im Allgäu.
'Schau Dir an, wie die Leute tanzen', sagt Göksal Öztürk, grinst und zeigt auf die volle Tanzfläche. Hell leuchten die grünen Lichter an den Kopfhörern der Tänzer. Der Sicherheitsmann hat keinen auf. 'Für mich ist es super, ohne laute Musik zu arbeiten', sagt der 32-Jährige. 'Dann höre ich besser, falls irgendetwas passiert, und habe morgen auch keine Kopfschmerzen.'
Giusi Rapisarda lässt sich mitten in der tanzenden Menge vom Rausch der Musik treiben. 'Es ist toll, dass man die Musik aus zwei Kanälen wählen kann.' So könne man endlich mit Leuten weggehen, die einen anderen Musikgeschmack haben. 'Ich höre House, aber wenn ich merke, dass alle um mich herum plötzlich abgehen, dann wechsle ich einfach den Kanal', sagt Giusi.
Ein Mann steuert telefonierend über die Tanzfläche in Richtung Theke. Den Kopfhörer um den Hals schenkt Sabrina Kienle dort aus. 'Die Atmosphäre hat was von einer Bahnhofshalle', sagt sie. Es amüsiert die Barkeeperin, dass die Leute ab und zu mitsingen. 'Meistens erkennt man, welches Lied kommt', sagt sie. Aber nicht immer. Sabrina genießt, dass sie die Gäste heute besser versteht als sonst. 'Aber mir fehlt ohne Musik ein wenig die Stimmung', sagt sie. 'Man fühlt die Schwingungen nicht', stimmt ihr DJ Paolo Loco zu.
'E-jo, E-jo', schallt es aus allen Ecken des Clubs. 'Wenn die Leute so abgehen, weiß ich, ob sie meinen Kanal eingeschaltet haben', sagt der DJ. Er legt heute hauptsächlich Chartmusik auf. Für ihn und seinen Kollegen, DJ Groove Minister, der House-Klänge auf Kanal B schickt, ist es das erste Silent Clubbing.
Noch vor zwei Stunden ist er aufgeregt durch den Club getigert, jetzt lehnt Inhaber Dieter Fergg zufrieden an der Wand. 'Klar, dass man nervös ist, wenn man etwas Neues ausprobiert', sagt er. Nachdem er von dem Trend der Kopfhörerpartys gehört hat, wollte er ihn sofort ausprobieren. 'Und es freut mich, dass es so super ankommt.'
Allerdings tut es das nicht bei allen. Tamara Kalefe schaut mit verschränkten Armen ihren Freundinnen beim Tanzen zu. Der Kopfhörer hängt über ihrem Unterarm. 'Man kann nicht miteinander reden, wenn man auch gleichzeitig Musik hören will', sagt die 18-Jährige. 'Mir macht das keinen Spaß.'
In der Damentoilette zieht die 22-jährige Vanessa Frontzeck den roten Lipgloss nach. Auch beim Richten ihrer blonden Haare nimmt sie den Kopfhörer nicht ab. 'Es macht total gute Laune, wenn man sogar hier die Musik hören kann', sagt sie. Sie wäre auch beim nächsten Mal dabei, wenn der DJ das Mikro nimmt und ankündigt: 'Jo Leute, Silent Clubbing ist angesagt!'