Vor zehn Jahren hat die Kälbererzeugergemeinschaft Allgäu (Kälber EG) die Verträge mit dem Kemptener Lebensmittel-Unternehmen Feneberg über die Marke 'Prima Rind' abgeschlossen. Das erste Jahrzehnt kann durchaus als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden. Wie alles begann und wie 'Prima Rind' heute dasteht – darüber sprachen wir diese Woche an einem Vormittag mit dem Geschäftsführer und zugleich Vorsitzenden der Allgäuer Kälber EG, Georg Abele aus Lauben (Oberallgäu):
Herr Abele, was gibt es denn bei Ihnen heute zum Mittagessen?
Abele: Heute leider nichts, weil ich nachher gleich nach Kempten muss zur Kälbervermarktung.
Aber wenn Sie heute mittags Zeit hätten, würde Ihre Frau vielleicht etwas vom 'Prima Rind' auftischen?
Abele: Bei uns kommt tatsächlich viel Rindfleisch auf den Tisch. Früher haben wir noch selber auf dem Hof geschlachtet. Heute kaufen auch wir das Fleisch bei Feneberg.
Das müssen Sie jetzt ja sagen
Abele: Nein, es ist tatsächlich so. Sehen Sie, wir können nicht von regionaler Produktion, hoher Qualität und kurzen Transportwegen sprechen und dann bei einem Discounter billige Steaks kaufen. Außerdem schmeckt das 'Prima Rind' einfach besser als die Massenware.
Dafür ist 'Prima Rind' auch etwas teurer als anderes Rindfleisch
Abele: Das ist aber auch gerechtfertigt. Billiges Fleisch enthält oft viel Wasser. Das merken Sie sofort, wenn es in der Pfanne heiß wird. Stücke vom 'Prima Rind' dagegen verlieren beim Braten kaum an Substanz und bleiben schön saftig.
Wie hat denn vor zehn Jahren alles angefangen mit der Kälber EG und 'Prima Rind'?
Abele: Die 1987 gegründete Allgäuer Kälber EG hatte bereits seit dem Jahr 2000 mit Feneberg einen Vertrag über das Vermarktungsprogramm 'Prima Kalb'. Das lief gut an, und so haben wir ein Jahr später die bereits bestehende Marke 'Prima Rind' übernommen.
Was heißt übernommen? Ist 'Prima Rind' nicht eine Feneberg-Marke?
Abele: Nicht mehr. Die Kälber EG ist seit 2001 Träger dieses ganzen Programmes und besitzt auch die Markenrechte.
Das heißt, wenn Feneberg aus irgendeinem Grund mal aus dem Programm 'Prima Rind' aussteigen würde, hätten Sie die Möglichkeit, die Marke mit einem anderen Handelsunternehmen fortzuführen?
Abele: Theoretisch ja. Aber es passt alles mit Feneberg. Wir bekommen bis zu 15 Prozent mehr vergütet als wir sonst am Markt erzielen könnten. Und Feneberg garantiert uns auch langfristig stabile Preise und die Abnahme bis zu einem Jahr im Voraus. Das bietet für die Landwirte eine große Sicherheit.
Wie viele Bauern liefern denn Tiere für 'Prima Rind'?
Abele: Das sind gut 180 Betriebe. Die meisten davon, so zwischen 80 und 85 Prozent, arbeiten übrigens als Nebenerwerbs- oder Zuerwerbslandwirte. Denn die Tierzucht ist weniger arbeitsintensiv als die Milchwirtschaft.
Nun gilt die Allgäuer Kuh landläufig zwar als hervorragende Milchlieferantin, hat jedoch in der Regel wenig Fleisch auf den Knochen
Abele: Das war früher vielleicht so. Wir haben aber schon vor Jahren die Allgäuer Braunviehkuh mit Bullen der Blonde d’Aquitaine, einer französischen Fleischrasse, eingekreuzt. Dieser Zucht entstammen die Färsen – also Kühe, die noch nicht gekalbt haben – und Ochsen für das Programm 'Prima Rind'.
Welches Futter bekommen diese Tiere zu fressen?
Abele: Die Tiere werden gar nicht so stark gemästet. Sie bekommen Gras, Heu, Silage oder auch etwas Mais. Kraftfutter wird nur bei der Kälberaufzucht verwendet. Außerdem sind die Rinder viel auf der Weide. Durch das heimische Futter und die Bewegung bildet sich viel intramuskuläres Fett. Das ist ein hervorragender Geschmacksträger.
Wie viele Tiere liefert die Kälber EG für 'Prima Rind' an Feneberg?
Abele: Das sind etwa 2000 Tiere pro Jahr. Die Nachfrage ist groß. Unser Ziel ist deshalb, diese Zahl um 500 zu erhöhen.
Sind denn überhaupt so viele Landwirte im Großraum Allgäu vorhanden? Man liest und hört immer wieder von Bauern, die ihre Höfe aufgeben.
Abele: Es gibt aber immer mehr Betriebe, die wegen der Turbulenzen um den Milchpreis von der Milchwirtschaft auf die Fleischtierhaltung umstellen. Außerdem ist bei 'Prima Rind' festgelegt, dass die Tiere aus einem Umkreis von 100 Kilometern rund um Kempten geliefert werden können. Da ist schon noch Potenzial vorhanden.
Zurück zum Mittagessen: Viele Kunden lieben Steaks und Schnitzel, die aus den hinteren Vierteln der Rinder kommen. Was macht die Kälber EG mit den weniger attraktiven Vordervierteln?
Abele: Seit Juni 2011 liefern wir diese Teile unter anderem an eine Großküche nach Sonthofen. Die bereitet daraus beispielsweise Gulasch, Tafelspitz oder Schmorbraten und beliefert dann Kliniken, Altenheime, Mensen und Kantinen. Außerdem vermarkten wir einen Teil unserer Tiere an die regionalen Programme 'Landzunge' und 'Vitalzunge', also an Gasthöfe und Zubereitungsbetriebe, die sich ausdrücklich der heimischen Küche verschrieben haben.