Prozess: Hund überfahren: 8000 Euro Geldstrafe für 71-jährigen Westallgäuer

10. März 2012 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Alexander Kaya

Amtsgericht Lindau nimmt Absicht eines 71-jährigen Autofahrers an – Führerschein ein Jahr entzogen

Zu einer Geldstrafe in Höhe von 8000 Euro (160 Tagessätze a 50 Euro) hat das Amtsgericht Lindau einen 71-jährigen Rentner aus dem Westallgäu verurteilt. Richter Jürgen Burkart sah es am Ende der zweistündigen Verhandlung als erwiesen an, dass der Mann zum einen im März 2011 absichtlich den Hund eines 37-Jährigen überfahren (Verstoß gegen das Tierschutzgesetz) und zum anderen in drei Fällen im Herbst 2010 eine 72-jährige Spaziergängerin genötigt hatte.

Der Jäger hatte gedroht, ihren Hund zu erschießen, falls sie diesen nicht an die Leine nehmen würde. Beide Personen hatte er nach eigenen Angaben zuvor nicht gekannt. 

Was die Nötigungen angeht, so hatte der Richter keine Zweifel an der Darstellung der 72-Jährigen. Dreimal innerhalb weniger Wochen habe der Angeklagte sie aus seinem Auto heraus angesprochen, als sie mit ihrem Vierbeiner unterwegs war.


Die von ihm geäußerten Worte 'Wenn ich Sie noch einmal treffe und der Hund nicht angeleint ist, dann schieße ich' hätten ihr Angst gemacht, schilderte die Rentnerin. Sie habe ja nicht gewusst, auf wen oder was der Mann schießen wolle.

Dieser Aussage widersprach der Angeklagte. Der 71-Jährige, selbst langjähriger Hundebesitzer, räumte zwar ein, dass ihm streunende Hunde und Katzen ein Dorn im Auge sind. In seiner Eigenschaft als Jäger habe er die Frau aber lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass auf wildernde Hunde geschossen werden könne.

Und zwar freundlich, nicht bedrohlich. Das habe er in 100 Fällen auch zu anderen Hundehaltern gesagt. 'Von denen hat mich nie jemand angezeigt.'

Im Mittelpunkt der Verhandlung stand jedoch ein Vorfall, der sich im März 2011 ereignet hatte. Hier hörte das Gericht ebenfalls zwei Versionen. Zunächst die des Angeklagten, der schilderte, wie er gegen 22 Uhr beim Parkplatz des Oberreuter Skiliftes auf dem Weg zurück von der Jagd einen etwa drei Meter breiten Engpass zwischen zwei Autos im Schritttempo passieren wollte, als plötzlich aus der Dunkelheit der schwarze Hund vor sein Auto gelaufen und dabei erfasst worden sei.

Trotz eingeschalteter Scheinwerfer, beteuerte der Angeklagte, habe er das Tier nicht gesehen. Er sei erst durch Jaulen darauf aufmerksam geworden, als sich das Tier bereits unter dem Auto befunden habe.

Als er ausgestiegen sei, um nachzusehen, was passiert ist, sei der Hundehalter aus einer Hütte herausgekommen und habe ihn bedroht. Um einen Streit zu vermeiden, sei er wieder eingestiegen und weggefahren. Dass das ein Fehler gewesen sei, gebe er zu. Er habe die Sache aber auch nicht so ernst genommen, zumal der Hund noch habe laufen können.

Der 37-Jährige Hundehalter hingegen schilderte, dass der Angeklagte mit seinem Auto und ohne Licht auf dem Parkplatz sogar noch extra eine Kurve gefahren sei, um den weglaufenden Hund zu erwischen. Rund 30 Meter weit sei das Tier mitgeschleift worden, ehe das Auto angehalten habe und er den Vierbeiner befreien konnte.

'Ich war voller Blut', erinnerte er sich. Der Fahrer sei ausgestiegen und habe gesagt: 'Das habt ihr nun davon, ihr Scheiß-Hundebesitzer.' 

Nachdem der Mann weggefahren sei, habe man den 15 Monate alten Labrador in eine Tierklinik gebracht, wo er nach zunächst versuchter Operation eingeschläfert wurde.

'Der Mensch lügt wie gedruckt', sagte der Angeklagte, der das letzte Wort vor der Urteilsverkündung hatte, in Richtung des Hundehalters. Es nützte allerdings nicht.

Dem Antrag des Rechtsanwaltes auf Freispruch – er befand die Zeugenaussagen als nicht schlüssig – kam der Richter nicht nach. 'Ich glaube Ihre Geschichte schlicht und einfach nicht', sagte er zum Angeklagten.

Nach allem, was er während der Verhandlung gehört habe (auch vom Angeklagten selbst), seien diesem frei herumlaufende Hunde schon länger ein Dorn im Auge gewesen. 'Die Gelegenheit kam Ihnen gerade recht.' Die Geldstrafe sei zwar relativ hoch, aber angemessen. Zudem muss der 71-Jährige weitere sechs Monate auf seinen Führerschein verzichten, nachdem ihm dieser bereits im Oktober 2011 entzogen worden war.

Rechtsanwalt Andreas Beurer kündigt nach der Sitzung an, seinem Mandanten zu empfehlen, Rechtsmittel einzulegen.