Laut einer Studie des Pestel Instituts aus Hannover jedenfalls werden in fünf Jahren 910 Mietwohnungen fehlen. Lege der Wohnungsbau nicht zu, klaffe eine enorme Lücke. Denn, so die Begründung, man habe in den letzten Jahren zu wenig gebaut. Das sehen die zwei großen Wohnungsbauunternehmen der Stadt, BSG Allgäu und Sozialbau, nicht so und wollen die Zahlen so nicht bestätigen.
In den letzten Jahren sei in Kempten viel versäumt worden, behauptet der Leiter des Pestel Instituts, Matthias Günther. 'Die größte Bausünde' ist seiner Meinung nach, dass zu wenig gebaut worden sei. So habe es in Kempten im vergangenen Jahrzehnt nur einen geringen Neubau von Wohnungen gegeben. Gleichzeitig sei aber ein Großteil der überalterten Wohnungen aus der Zeit vor 1970 bis heute dem Standard wie Energieverbrauch, altersgerechte Ausstattung nicht angepasst worden. Fazit: Bezahlbare Wohnungen würden in Kempten bald zur Mangelware.
Da widersprechen die Geschäftsführer der Wohnbauunternehmen BSG und Sozialbau. Dass in Kempten in den letzten Jahren zu wenig gebaut worden sei, 'ist nicht so', erklärt Mario Dalla Torre von der BSG Allgäu. Vielleicht vor drei oder vier Jahren, aber mittlerweile habe man gehörig nachgelegt. Zu wenig gebaut habe man eher im Bereich Sozialwohnungen. Hier gebe es eine verstärkte Nachfrage, worauf die BSG auch mit Mietwohnungen (beispielsweise in Sankt Mang) reagiere.
Was der BSG-Chef aber gar nicht stehen lassen will, ist der Vorwurf der Überalterung von Wohnungen. Dalla Torre: 'Hier wurde sehr viel modernisiert.' Das bestätigt Sozialbau-Geschäftsführer Herbert Singer für seinen Bereich. Jede Wohnung habe isolierverglaste Fenster, fast keine mehr einen Elektronachtspeicher und allein 80 neue Bäder habe die Sozialbau pro Jahr eingebaut.
Insgesamt wurden laut Singer in den letzten zehn Jahren 70 Millionen Euro in Gebäudeunterhalt investiert.
Auch Singer sieht beim Blick auf den Wohnungsmarkt 'keine Wohnungsnot'. Die Nachfrage sei zwar rege, doch 'der Markt nicht überhitzt'. Klar habe es Jahre gegeben (1995 nach einem Bauboom und damit einem Überangebot an Wohnungen), in denen nicht mehr viel gebaut wurde. Doch Anfang 2000 habe es wieder angezogen, seien vor allem in der Kemptener Innenstadt Wohnungen (Hofgarten) entstanden. Seit 2009 gebe es (bedingt durch Finanzkrise und expandierende Stadt) verstärkt Nachfrage. Ob nun doch zu wenig gebaut wurde? Aus heutiger Sicht ja meint Singer, aber aus damaliger Sicht sei der Markt ausgeglichen gewesen.