Es scheint, er ist der Einzige, der an diesem Abend nicht freiwillig ins Kurhaus nach Scheidegg gekommen ist: Gerhard Polt steht griesgrämig auf der Bühne, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Trocken und emotionslos trägt er den Ablauf für den heutigen Abend vor. "Erst spielt der Ardhi was, dann komm ich, dann spielt der Ardhi wieder was, dann komm wieder ich, so geht das dann mindestens bis zur Pause."
Polt macht keine Show, er ist einfach da. Direkt, schonungslos, schnoddrig. Ihm kann man sich nicht entziehen, nicht seiner einnehmenden Art - zwischen eigensinnigem Gegrantel und gemütlicher Besserwisserei.
Das bayerische Kabarett-Urgestein tourt derzeit mit seinem Programm "Kabarett und Circus Maximus" durch die Lande. Mit dabei der Musiker Ardhi Engl, der mit allerlei skurrilen, teils selbst gebastelten Instrumenten einen perfekten Gegenpol zu Polt bildet.
Es ist gar nicht so sehr das, was Polt sagt, sondern wie. Es sind mal Geschichten, mal eine recht konfuse Aneinanderreihung von Gedanken und Einfällen. Manchmal redet er auch minutenlang ohne irgendetwas zu sagen. Er brummt und grantelt in bekannter Manier vor sich hin, manchmal unterbrochen durch ein helles, gehässiges Lachen.
Und das kommt an: Die rund 560 Zuschauer im Kurhaus hält es vor Lachen kaum auf den Plätzen.
Mal genervt, mal verärgert, mal leidenschaftlich-wütend und meistens gemein: Wird er durch Applaus seines Publikums unterbrochen, wird dieses wirsch zum Verstummen gebracht. Polt bringt Alltägliches mit einer schonungslosen, teils vulgären sprachlichen Genauigkeit auf den Punkt. So wird etwa die Wampe eines Stammtischlers zum Hendlfriedhof.
Im nächsten Moment spitzt er die Dinge zu, übertreibt, redet sich in Rage. Er gibt den überzeugten Kraftfahrer, schimpft auf Fußgänger und "apokalyptische Radler". Regt sich über die Adventszeit ("und dann kommt auch noch unvermeidbar Weihnachten") auf und mimt einen engstirnigen Sprecher vom Fischereiverein, der den Kormoran abschießen will, weil der sich nicht an das Überflugsverbot hält.
Dann philosophiert er über die Zeit. "Ich hab die Zeit erwischt, wissens was ich damit gemacht hab, totgeschlagen hab ich sie."
Trocken und unaufgeregt, mit ernster Mime sagt er Dinge wie: "Hast du gewusst, wiiee weit Geschichte zurück geht?" oder "Dass ich mal jung war, glaub ich, beweisen kann ich es nicht."
Polt ist ein Phänomen. Urkomisch und bitterböse. Und das obwohl eigentlich nur ein latent schlecht gelaunter Mann dort auf der Bühne steht.
Skurrile Instrumente
In Erstaunen und Begeisterung versetzt der Musiker Engl das Publikum. Eine Blockflöte und einen Einmalhandschuh funktioniert er um zu einem Dudelsack, aus einem Alurohr und Draht wird der Stangerl-Bass. Die Töne, die er mit seinen skurrilen Instrumente erzeugt schwanken zwischen grenzwertig-schräg und harmonisch-genial.