Dr. Theo Waigel ist nach wie vor vom Euro überzeugt. Warum, und wie es Europa schaffen könnte, aus der Krise zu kommen – darüber sprach der ehemalige Bundesfinanzminister in Kimratshofen. Die Forderung nach einem EU-Sparkommissar, die Kanzlerin Angela Merkel aktuell zurück genommen hat, sieht auch Waigel kritisch. 'Ich plädiere für ein bisschen Bescheidenheit im Hinblick auf den Schuldenerlass nach dem Zweiten Weltkrieg', sagte der 72-Jährige.
In der gemütlichen Atmosphäre der Event-Bühne, zwischen Laternen und Blumenarrangements, plauderte Dr. Theo Waigel vor rund 60 Gästen mit Rolf Birmelin über die Finanzpolitik Europas.
Zwar hieß das vorgegebene Thema der Veranstaltung: 'Ist der Euro noch zu retten?' Doch hatte der Zuhörer den Eindruck, dass der Ex-Bundesfinanzminister zu keiner Zeit Angst um die Währung hatte. So stellte er am Ende, nach rund drei Stunden, klar: 'Um den Euro mach’ ich mir keine Sorgen. Aber um einige Staaten im Euro-Gebiet.' So kam Waigel während des Gesprächs auch immer wieder auf die Situation mit Griechenland zu sprechen. Waigel: 'Jedes andere Land kann seine Probleme lösen. Griechenland aber ist ein Sonderfall.'
Nie hätte das Land in die Währungsunion aufgenommen werden dürfen, wetterte Waigel – und bemerkte ganz nebenbei: 'Das war übrigens nach meiner Zeit.' An den Griechen lässt er indes kein gutes Haar: 'Sie haben betrogen und gelogen, ohne Zweifel.' Versäumnisse sieht er aber auch anderswo: ' Leider hat Europa das nicht kontrolliert', bedauert er und zieht einen Vergleich mit einem blinden Passagier, der mitten auf dem Ozean aus dem Versteck kommt.'
Trotz allem könne man Griechenland nicht im Stich lassen, so sein Credo. Denn was dann komme, könnten 'bürgerkriegsähnliche Zustände' sein. Waigel plädierte dafür, beispielsweise junge Leute aus Griechenland in funktionierende EU-Staaten zu schicken, um dort zu lernen.

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'Und man sollte viele Leute, die korrupt sind, rausschmeißen.' Insgesamt müsse man in Ländern mit Problemen wie Portugal oder Spanien 'bei der Jugendarbeitslosigkeit ansetzen', fordert Waigel: 'Ich bin für Hilfe zur Selbsthilfe.' Hier müsse das Geld hinfließen.
In all der Diskussion um Staatspleiten und Probleme machte der Politiker die Anwesenden zum Schluss auch nachdenklich: 'Meine drei Kinder erleben eine Welt des Friedens, wie wir es seit 500 Jahren in Europa nicht mehr hatten.' Man dürfe nicht nur in Euro und Cent rechnen.
'Wenn es bei uns derzeit boomt und brummt, dann steht es auch an, Solidarität zu beweisen.'
Ex-Finanzminister Dr. Theo Waigel zur Unterstützung anderer EU-Staaten in Krisen