Ausstellung: Erotischer als jedes Foto

16. September 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
markus noichl

Die Zeichnungen von Georg Weizenegger zeugen von einem besonderen Blick auf die Schönheit von Körpern

Artista - im Italienischen ist bis heute in der Bezeichnung Handwerker der Künstler mitenthalten. Ein Maler und Gestalter in dieser alten, umfassenden Bedeutung ist Georg Weizenegger.

Er hat nicht nur das Gesicht der Allgäuer Festwoche, Fassaden und Firmenauftritte entworfen, sondern auch ,,zweckfrei" nur für die Musen gezeichnet. Porträts, Akte und mehr. Eine Ausstellung über das reiche Lebenswerk ist nun in seiner ehemaligen Werkstatt in Kempten-Ursulasried (Binzenrieder Weg 1) zu sehen. Seit einem Jahr ist Weizenegger, voller Pläne steckend, im Ruhestand - gezwungenermaßen aus Gesundheitsgründen. Doch auch den jüngsten Werken, zwei mit links gezeichneten Katzen, sieht man an: Da ist ein Könner am Werk. Aus Gebratshofen bei Leutkirch stammend, verbrachte Weizenegger erste Berufsjahre in der Schweiz. 1970 führte der Weg nach Kempten. Die Verantwortlichen der Festwoche wurden sofort aufmerksam auf den jungen Werbetechniker. Unter dieser damals ganz neuen Berufsbezeichnung vereint Weizenegger viele Fähigkeiten und Ideen, hat einen Blick und ein Händchen dafür, wie man präsentiert, darbietet. Wie man wirkungsvoll ans Auge herantritt und sich abhebt aus Einheits-Grau.

,,Wofür man heutzutage ein sündteures Team Designer, Grafiker und so weiter braucht, das erledigte der Schorsch alles selber." Maximillian Hartmann brachte es in seiner Ansprache bei der Ausstellungseröffnung auf den Punkt. Der Ehrenobermeister der Malerinnung und langjährige Weggefährte Weizeneggers erzählte ein Detail, das viel verrät über den Lauf der Dinge: Seit einem Jahr stehe Georg Weizenegger nicht mehr zur Verfügung, um Urkunden der Malerinnung zu beschriften. So locker und flüssig beherrsche unter der jüngeren Generation niemand mehr edle Schriftzüge mit der Hand - der Computer lässt grüßen. Jahrhundertealte Künste und Fertigkeiten sterben aus durch den ,,Fortschritt".

Bei den ausgestellten Zeichnungen sind die klassischen Techniken vertreten: Kohle, Stift, Rötel und Tusche. Nehmen wir stellvertretend drei gar nicht offiziell hängende, gerahmte Werke, sondern mit vielen anderen in einer Mappe liegende Skizzen. Wie da mit wenigen Strichen eine junge Frau (von hinten) im Bikini hingeworfen wird, das ist erotischer als jedes Foto und bringt die Fantasie zum Klingen.

Die vielen Aktzeichnungen dieser Ausstellung bestätigen das: Von Verklemmung oder Voyeurismus keine Spur. Wenige bringen die Schönheit des Körpers so ästhetisch nahe. Auch das Bild einer Schwangeren ist so einfühlsam und anrührend gezeichnet, wie man das einem Mann nicht zutrauen würde. Gerade die Frauen auf der Vernissage bestätigen diesen besonderen Blick.

Das vielstrapazierte Thema ,,Röhrender Hirsch" hat Weizenegger schon als junger Mann so kitschfrei-modern, mit wenigen wesentlichen Strichen gemeistert, das sich hier auf kleinem Blatt eine große Zukunft andeutet.

Weizeneggers Sohn Sandro aus Sulzberg hat übrigens die Begabung geerbt: Er ist ebenfalls Werbetechniker.

Besichtigungen der Ausstellung können unter Telefon 0831/71229 vereinbart werden.