Porträt: Einer, der den Ball flach hält

17. September 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Frank May (dpa)

Kaplan Bestle ist zielstrebig, ruhig und fußballbegeistert

Es läuft die 42. Minute des Fußballspiels zwischen dem TSV Marktoberdorf und dem TSV Kottern. Bezirksoberliga, vorletzter Spieltag im Mai 2010. Es geht heiß her. So heiß, dass der Schiedsrichter Marktoberdorfs Spielmacher Christian Schmölz nach einem Foul noch vor der Pause mit der Roten Karte vorzeitig vom Feld schickt. Am Ende gewinnen die Hausherren zwar 3:2, über den Platzverweis wird aber noch lange diskutiert.

Der Unparteiische war damals Konrad Bestle. Knapp 16 Monate später führte ihn sein beruflicher Weg zurück ins Ostallgäu. Seit Anfang September ist der 27-Jährige Kaplan in der Stadtpfarrei St. Martin/ St. Magnus in Marktoberdorf. Und gleich bei einem seiner ersten Termine hat ihn die Vergangenheit eingeholt. ,,Bei der Lehrerkonferenz im Gymnasium wurde ich von einem Kollegen gleich wieder auf die Rote Karte angesprochen", erzählt er schmunzelnd. Heute sagt er über den Platzverweis, es sei eben ein schmaler Grat. ,,Manchmal weiß man erst lange nach dem Abpfiff, ob es die richtige Entscheidung war", so Bestle.

Was seinen beruflichen Werdegang angeht, ist das anders. Dass es die richtige Entscheidung war, sich vor knapp sieben Jahren für das Priesteramt zu entscheiden, steht für ihn außer Frage. Er habe nach der Schule zwar so manches Praktikum absolviert, sich unter anderem für die Polizei, den Journalismus oder Qualitätsmanagement interessiert. Und dann fiel ihm zufällig wieder eine Karte in die Hände, die er von einer Ordensschwester aus Ursberg zum Abitur bekommen hatte. ,,Wer Licht in die Welt bringen will, wird Elektriker oder Priester" stand darin geschrieben. Ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Von Jugend an engagiert

Bestle war schon in jungen Jahren kirchlich engagiert, unter anderem als Ministrant. Dennoch reagierten seine Eltern auf die Pläne zunächst abwartend. ,,Mit der Zeit haben sie aber gesehen, dass ich es ernst meine und mich immer unterstützt", erzählt der 27-Jährige. Trotzdem wurde er in den vergangenen Jahren immer wieder nach dem ,,Warum" gefragt, manchmal zu oft, sagt er. ,,Ich finde es wichtig, dass sich auch junge Menschen für die Kirche entscheiden. Tradition und Moderne müssen sich nicht widersprechen."

Zielstrebig und ehrgeizig wie er es auf dem sportlichen Weg schnell nach oben gebracht hatte, meisterte der gebürtige Krumbacher auch den geistlichen Pfad. In sieben Jahren, der Minimalzeit.

Ein Jahr verbrachte er während des Studiums in Rom, zuletzt war er als Diakon in Weilheim, vor zwei Monaten wurde Konrad Bestle von Bischof Konrad Zdarsa in Augsburger zum Priester geweiht.

Sein erster Eindruck von seiner neuen Wirkungsstätte Marktoberdorf: ,,Ich bin beeindruckt, was hier in der Gemeinde geleistet wird. Es gibt eine riesige Ministrantenschar und viele Menschen, die sich in Gruppen und Besuchsdiensten engagieren", sagt er. Er selbst wird in den kommenden zwei Jahren vor allem im Schuldienst eingesetzt, dazu in der Jugendarbeit oder bei der Firmvorbereitung, bei Sonntagsmessen oder Beerdigungen. Auf eines freut er sich schon jetzt: Der bekennende Fan des VfB Stuttgart will so oft es geht mit den Ministranten Fußball spielen.

Der Ruhepol der Stadt

Zum Krafttanken geht Bestle in die Frauenkapelle, direkt am Marktplatz. Ein Ruhepol der Stadt sei das. Fast jeden Tag verbringe er dort ein paar Minuten, um zu beten und ruhige Gedanken zu fassen. Und irgendwie passt dieser Ort zu der Botschaft, die der Kaplan den Gläubigen vermitteln will: ,,Gott ruft uns immer wieder an. Aber in unserer Welt ist es um uns herum zu laut, so dass wir den Ruf oft überhören." Dass er einer ist, der stets den Blick auf das Wesentliche bewahrt, dabei aber seinen Humor nicht verliert, hat der junge Geistliche bereits bei seiner ersten Messe in Marktoberdorf bewiesen. Dort sagte er an die Gottesdienstbesucher gewandt: ,,Ein Kaplan darf über vieles predigen, nur nicht über zehn Minuten."