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Dirigent Bernard Labadie über sein Konzert mit dem BR-Symphonieorchester in der Basilika Ottobeuren

Interview

Dirigent Bernard Labadie über sein Konzert mit dem BR-Symphonieorchester in der Basilika Ottobeuren

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    Dirigent Bernard Labadie über sein Konzert mit dem BR-Symphonieorchester in der Basilika Ottobeuren
    Dirigent Bernard Labadie über sein Konzert mit dem BR-Symphonieorchester in der Basilika Ottobeuren Foto: helmut lange

    Die Aufführung der Missa in tempore belli ('Paukenmesse') von Joseph Haydn mit dem Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunk war das Finale der Ottobeurer Basilika-Konzerte 2011. Unsere Mitarbeiterin Anne-Marie Lange sprach kurz vor dem Konzert mit Dirigent Bernard Labadie (Kanada) im 'Künstlerzimmer' der Abtei.

    Herr Labadie, am 30. September 1984 dirigierte Leonard Bernstein 'Die Paukenmesse' in Ottobeuren. Heute sind Sie der Zweite nach ihm.

    Labadie: (lacht) Das ist eine Menge Druck. Doch wenn ich mich in diese Art Musik 'hineinlasse', gibt sie mir viel Kraft, und es ist eine große Ehre für mich, heute hier sein zu dürfen.

    Sie stehen erstmals am Pult des Symphonieorchesters und Chors des Bayerischen Rundfunks.

    Labadie: Mit ihnen zu arbeiten, macht mir große Freude. Noch vor zwei Tagen ging es mir sehr schlecht, aber die Musiker unterstützten mich fantastisch. Ein wundervolles Orchester. Und der Chor ist einer der besten in Europa.

    Haben Sie in Ihrer Heimat Kanada schon einmal von der Basilika gehört?

    Labadie: Ich habe von Ottobeuren gehört, konnte mir jedoch überhaupt keine Vorstellung machen. Selbst als ich mir das Video von Bernstein angesehen habe, das ja hier aufgenommen wurde, habe ich noch keinerlei Verbindung zu unserem heutigen Auftritt knüpfen können – bis mir dieser Woche jemand aus dem Orchester erzählte, dass die Aufnahme die Basilika zeigt, wo wir am Sonntag auftreten. Als wir heute über die sanften Hügel auf sie zufuhren, waren wir sehr beeindruckt von dieser ungeheuer mächtigen Kirche, noch dazu in diesem kleinen Ort. Dann geht man das erste Mal hinein und sieht diese barocke Größe: eine einzigartige Erfahrung. Ich selber kenne hauptsächlich gotische und romanische Architektur.

    Ich habe von dem Reichtum barocker, katholischer Kirchen in Bayern gelesen und war sehr begierig, einmal in so einer Kirche zu dirigieren. Deshalb ist das für mich hier keine Arbeit. Ich arbeite heute nicht, es ist für mich ein Vergnügen!

    Seinem Biografen sagte Haydn: 'Auf meine Messen bin ich etwas stolz'. Kann er das wirklich sein?

    Labadie: Absolut, das ist richtig. Er kann wirklich stolz sein. Von diesen Messen kann ich nicht genug bekommen. Es ist sehr schade, dass wir sie nicht öfter hören. Wir hören meistens das Mozart-Requiem, die c-Moll-Messe oder die Krönungsmesse. Ich beobachte jedoch, dass immer mehr Orchester diese Messen in ihr Repertoire aufnehmen.

    'Missa in tempore belli' heißt 'in Zeiten des Krieges'. Kann Haydns Musik Frieden stiften?

    Labadie: Ja, sie kann. Absolut, ich glaube daran. Denken wir an Bernstein, als in Berlin die Mauer fiel. Er dirigierte Beethovens 9. Symphonie, die bedeutet, Freude und Freiheit. In solchen Momenten kann Musik eine Art Konfliktlösung herbeiführen. Musik kann eine Art von Frieden geben.

    Goethe sagte, Musik sei die schönste Offenbarung Gottes. Können Sie dem zustimmen?

    Labadie: Ja! In dieser Woche wurde mir schon einmal eine ähnliche Frage gestellt: Was ist die spirituelle Bedeutung der Messe für dich? Ich glaube nicht, dass man ein gläubiger Mensch sein muss, um diese Musik aufzuführen. Doch wir müssen den Glauben verstehen, den die Musik uns mitteilen will.

    Dazu sollte man sich mit dem Komponisten beschäftigen, mit den Leuten, die seine Musik aufführen und denen, die sie hören. Sonst können wir nicht die Seele berühren. Dazu gehört auch, die Kultur, die Religion des jeweiligen Landes zu verstehen, zum Beispiel die Kirchenmusik aus dem deutschsprachigen Raum. Diese beiden Dinge gehören zusammen, sind Reichtümer der Kultur. Plätze, wie hier haben Bibliotheken. Religion gehört zur Kultur, sie ist eine Quelle der Kultur!

    Würden Sie wieder in die Basilika kommen?

    Labadie: Ja, sofort. Gleich morgen!

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