Zehn Jahre danach: Der lange Schatten der Zwillingstürme von New York legt sich nach dem Terrorakt auch heute noch aufs Alltagsleben

10. September 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Jason Szenes (epa)

Beim Passwesen ist nichts mehr so wie früher - Worauf Firmen achten müssen

Der lange Schatten der Zwillingstürme von New York legt sich auch nach zehn Jahren, als am 11. September 2001 ein Terrorangriff die USA erschüttert und Tausende von Menschenleben gekostet hatte, noch immer auf das Alltagsleben der Menschen, selbst im weit entfernten Oberallgäu. Was danach neu an Sicherheitsvorkehrungen aus Angst vor weiteren Anschlägen islamistischer Menschenverächter getroffen wurde, ist in Immenstadt wie Oberstdorf, in Wertach wie Oberstaufen spürbar. Etwa beim Gang zum Einwohnermeldeamt, um einen neuen Personalausweis oder Reisepass zu erhalten. Auch beim Umgang hiesiger Unternehmen mit Geschäftspartnern in arabischen Staaten.

Walter Wilhelm ist im Sonthofer Rathaus Fachbereichsleiter für das Ordnungsamt und das Standesamt. Ihn und seine für das Passwesen der Kreisstadt zuständigen Mitarbeiter berührt das > (amerikanisches Kürzel für den Albtraum am eingestürzten World Trade Center) noch immer. Wo man im Rathaus, wie in anderen Gemeinden des Oberallgäus auch, früher nur sieben Minuten zur Bearbeitung eines Personalausweises angesetzt hatte, sind es nun 20 Minuten.

Noch komplizierter wird es mit einem Reisepass, für den heutzutage zwingend Fingerabdrücke aus Gründen der Fälschungssicherheit und wegen der Verbrechensbekämpfung abgeliefert werden müssen. Gleichwohl vermeldet Wilhelm, dass die Sonthofer die Mühseligkeiten akzeptieren. Gemurre gibt es seinen Worten zufolge nur wegen der eklatant gestiegenen Gebühren für die Ausweispapiere.

Geschäftspartner in der arabischen Welt sind für die Firma MAT Mischanlagentechnik GmbH im Immenstädter Stadtteil Seifen nicht ungewöhnlich. So war das Unternehmen im arabischen Emirat Dubai beim Aufschütten künstlicher Inseln aktiv. Jetzt bahnt sich eine Beteiligung an einer besseren Abdichtung des gewaltigen Mossul-Staudamms im Irak an. Geschäftsführer Manfred Kleimeier weiß also, wie heikel es werden kann, eigene Mitarbeiter auf Montage in islamische Länder zu schicken. Afghanistan ist beispielsweise für MAT tabu. Und die schwarze Liste der USA, um Risikogeschäfte mit verdächtigen Unternehmen zu unterbinden, wird nach Kleimeiers Aussage strikt beachtet.

Noch in lebhafter Erinnerung ist beim Strumpfhersteller Kunert AG in Immenstadt, wie sich der Einsturz der > in der US-Metropole auf die eigene Produktion auswirkte. Marketing-Mitarbeiterin Cornelia Kirchhelle hat für den Rückblick im Archiv gekramt. So zierte eine Wolkenkratzer-Silhouette Manhattans 2001 eine Verpackung von Hudson-Feinstrumpfhosen. Augenfällig dabei das hochragende World Trade Center. Der Kunert-Vorstand entschied, das Label einzustampfen. Geschätzter Verlust damals: um eine halbe Million Euro herum.

Keinen Schatten auf dem heutigen Oberallgäu kann indes Dr. Karim Moussa von der Rosenberg-Klinik in Sonthofen erkennen. Sein ägyptischer Vater hat die Privatklinik aufgebaut. Der Sohn ging schon als Kind in Sonthofen zur Schule. Von Auswirkungen des Terrorakts bis heute zu reden, wäre an den Haaren herbeigezogen, lässt er durch seine Sekretärin ausrichten.

Dann fährt er mit den angesetzten Venen-Operationen fort.