Soziales: Das Jugendamt wird oft negativ wahrgenommen, erfüllt aber wichtige Aufgaben

18. Mai 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
db alina novopashina

Teilnahme an Imagekampagne

Jugendämter sind im Allgemeinen nicht sehr beliebt. Das hat Alfred Riermeier, der bei der Stadt Kaufbeuren seit gut zwei Jahren die Abteilung Kinder, Jugend und Familie leitet, schon feststellen müssen, wie er betont. Entweder empfinden Familien einen Eingriff des Jugendamtes in ihre Belange als Einmischung und Bevormundung. Auf der anderen Seite gab und gibt es immer wieder Fälle, bei denen Jugendämter zu spät reagierten - mit der Folge, dass Kinder durch häusliche Gewalt oder Vernachlässigung starben. Bundesweit läuft deshalb derzeit eine Kampagne, die über die Medien das Bild der Einrichtungen in der Öffentlichkeit verbessern soll. Daran beteiligt sich das Kaufbeurer Jugendamt.

Verhehlen kann Riermeier nicht, dass der Kinder- und Jugendschutz eine wichtige zentrale Aufgabe seiner Abteilung ist. Im Schnitt ein- bis dreimal pro Woche gehen im Rathaus Hinweise auf Familien mit Problemen ein. Das können sehr erhebliche Fälle sein. Die Mutter liegt beispielsweise bereits morgens volltrunken auf dem Sofa, weswegen die Kinder nicht in die Schule gehen und vernachlässigt sind. Das kommt durchaus vor - auch in Kaufbeuren. Zudem gibt es manchmal Fälle von väterlicher, stiefväterlicher, aber auch mütterlicher Gewalt. Im Schnitt müssen fünf bis zehn Kinder pro Jahr zu ihrem Schutz aus den Familien "herausgenommen werden", wie Riermeiers Stellvertreter Werner Maurer ausführt. Die Kinder kommen dann in ein Heim oder zu Pflegefamilien. Doch das ist nicht das Ziel.

"Es ist wissenschaftlich belegt, dass vor allem kleine Kinder gefährdet sind", so Mauer. Deshalb setzt das Kaufbeurer Jugendamt vor allem auf Prävention durch frühzeitige Kontakte zu Eltern, zum Teil schon in der Schwangerschaft, um die Geburt herum und auch danach. So soll es erst gar nicht so weit kommen, dass eine Mutter völlig erschöpft und entnervt oder der junge Vater wegen eines Schreikindes kurz vor dem Durchdrehen ist. Die Koordinierende Kinderschutzstelle Koki (siehe Infokasten) bietet in diesem Zusammenhang zahlreiche Hilfen, die in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut wurden. Das kostet Geld. 5,8 Millionen Euro sind im städtischen Haushalt 2011 für Jugendhilfe eingeplant.

"Zwar gibt es aufgrund demografischer Entwicklungen immer weniger Kinder. Aber die Probleme werden für uns nicht weniger,

sondern eher mehr", resümiert Riermeier. Die Gründe dafür liegen für ihn in einem gesellschaftlichen Wandel: Viele Scheidungen, zerrissene Familienstrukturen, die Großeltern wohnen nicht mehr am Ort. Zuviel Computer und Fernsehen, Bildungsferne, "interkulturelle und interreligiöse" Beziehungen - die nicht grundsätzlich zu Problemen führen müssen, es aber bei so manchen Familien eben doch tun. Ein weiteres Phänomen: Keine klaren Autoritätsverhältnisse, weil Eltern ihre Kinder gar zu partner- und freundschaftlich erziehen. Das funktioniert in vielen Fällen. Aber manchmal überhaupt nicht. Den Ärger haben letztlich auch Mitarbeiter des Jugendamtes. Riermeier würde sich wünschen, dass die Arbeit des Jugendamtes nicht nur auf negative Aspekte reduziert wird.

Schließlich habe man "wirklich viele Hilfsangebote" von der Krippe bis zum fast erwachsenen Jugendlichen. Doch das sei in vielen Köpfen noch nicht angekommen.

Hilfsangebote des Jugendamtes gibt es unter der Telefonnummer (08341) 437-366.