Vom Erdgeschoss strömt der Geruch von Kakao nach oben, er erinnert an Zartbitterschokolade. Die raumhohen Fenster des Cafés geben den Blick auf den Gendarmenmarkt frei. Der Deutsche Dom erhebt sich im Vordergrund, dahinter das Berliner Konzerthaus und der Französische Dom. Rund um "Berlins schönsten Platz" reihen sich exquisite Cafés, Restaurants und Bistros. "Ich möchte nicht irgendwo arbeiten", sagt Anton Hörberg junior und blickt aus dem Fenster. "Meine bisherigen Adressen waren immer top. Und das möchte ich auch so fortführen."
Bei jemand anderem können solche Worte überheblich klingen. Aber bei dem 21-Jährigen, der nach Feierabend in Turnschuhen und Kapuzenpulli erscheint, ist das anders. Anton Hörberg geht es nicht um all den Schick, der rund um Fassbender & Rausch herrscht. Ihm geht es um den Anspruch, den man hier, im "größten Schokoladenhaus der Welt" an das Konditorhandwerk stellt. Und der ist gewaltig.
Es ist etwa ein Jahr her, dass sich Anton Hörberg in dem Berliner Traditionshaus bewarb - auf gut Glück, wie er erzählt. Eine Stelle war nicht ausgeschrieben. Damals arbeitete er vorübergehend in der Konditorei seiner Eltern am Buchloer Rathausplatz. Kurz zuvor, im Sommer 2010, hatte er nach der Konditorlehre auch die zum Koch beendet. Für den Betrieb der Eltern, den er irgendwann einmal übernehmen will, sei er damals aber noch nicht bereit gewesen, erzählt Hörberg.
"Es entstehen keine neuen Ideen, wenn man immer das Gleiche sieht. Man muss raus und seine Erfahrungen sammeln."
Durch Glaswände beobachtet

Ungewöhnliches Brandereignis
Feuer von Abluftanlage eingesogen - Küchenbrand in Hard breitet sich in Gebäude aus
Fassbender & Rausch gaben ihm die Gelegenheit dazu. Seit Oktober arbeitet Hörberg nun in der Patisserie des Edel-Chocolatiers in Berlin-Tempelhof, fertigt Törtchen und garniert Pralinen. Und am Wochenende wirkt er regelmäßig bei der Schokoladen-Dinner-Show im noblen Restaurant am Gendarmenmarkt mit. Es sei eine Umstellung gewesen, meint er. Raus aus der Backstube des kleinen Betriebs, in dem er gelernt hat; hinein in die moderne Manufaktur in Berlin, wo Besucher vom Verkaufsraum durch Glaswände hindurch den rund zwei Dutzend Mitarbeitern bei der Fertigung zusehen können. Anders als in einem kleinen Betrieb lasse sich Kreativität hier aber nicht mehr so leicht und spontan ausleben.
Eine neue Idee geht zunächst zum Chef-Chocolatier, dann zum Chef des Hauses. Der entscheidet, was ins Sortiment geht. So wie Hörbergs jüngster Vorschlag. Seither haben die Marzipantörtchen bei Fassbender & Rausch eine neue Füllung. Dabei erwischte der Buchloer in Berlin alles andere als einen guten Start: Nach drei Tagen wurde ihm vor dem Hostel in Kreuzberg, in dem er vorübergehend wohnte, sein Auto gestohlen - und ein Großteil seiner Klamotten. Hörberg nahm es mit viel Humor. So sei es wenigstens der absolute Neustart gewesen, sagt er heute und lacht. "Und ein Auto ist in Berlin ohnehin total überflüssig." Vor rund zwei Monaten hat die Polizei den Fall zu den Akten gelegt. Der Verdacht zielte auf eine der organisierten Diebesbanden, die in Berlin nicht selten sind. Gefunden wurde aber niemand.
Anton Hörberg wohnt mittlerweile in Schöneberg, wo er sich eine Wohnung mit einer Schauspielerin und einem Musiker teilt. Im Sommer will er umziehen - am liebsten nach Kreuzberg. Wer jung ist, den zieht es in Berlin in den Osten. Dort pulsiert das Leben, "Schöneberg hingegen ist eher etwas spießig", meint der 21-Jährige.
Ursprünglich habe er vorgehabt, ein Jahr in der Hauptstadt zu bleiben. Heute sagt er: "Mal sehen, wie lange mich Berlin festhält. Es war ein guter Schritt, hierher zu gehen." Vorerst möchte er bei Fassbender & Rausch bleiben. Und danach? Vielleicht zieht es ihn in eine kleine, aber exquisite Patisserie in der Hauptstadt. Auch Wien würde ihn reizen, sagt Hörberg. "Und irgendwann, wenn die wilde Zeit vorbei ist, werde ich zurück nach Buchloe kommen."