Behutsam führen Liselotte Wolf (54) und Josef Ott (64) Adolf Tremmel ins Freie. Gerade noch befand er sich im Altbau des Seniorenheims St. Martin - nun begleiten Wolf vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und Ott von der Bergwacht Nesselwang den 79-Jährigen in den Neubau gleich nebenan. Tremmel kann nur langsam laufen. "Gleich haben wir es geschafft", ermutigt Wolf. Nach wenigen Minuten kommen die Drei im neuen Küchenraum an. Nun darf sich der Rentner erst einmal setzen. Rettungs- und Einsatzleitwagen sowie 71 Helfer des BRK, der Berg- und Wasserwacht, die geschäftig hin und her laufen – mancher Augenzeuge in der Ostlandstraße glaubte am Samstagvormittag womöglich, im Seniorenheim St. Martin sei ein Unglück passiert.
Doch weit gefehlt: 36 Bewohner zogen binnen eines Tages vom Altbau in das moderne Gebäude um. 'So einen Einsatz hat man nicht alle Tage', verrät Tobias Hollmann, Leiter des Sanitätsdienstes im Ostallgäu. Gerade Bergwachtler wie Josef Ott betreten Neuland: 'Ich wollte bei solch einer Aktion einmal dabei sein.' Auch der Nachwuchs unter den Helfern fehlte nicht: Fabian Guggemos (16) und Julia Wagner (17) vom BRK Füssen gehörten zu den Jüngsten. Die beiden stellten fest: 'Man muss sehr vorsichtig mit den älteren Menschen umgehen.'
Doch nicht nur die Bewohner mussten in ihre neuen Zimmer gebracht werden, sondern auch deren Hab und Gut. Lampen, Teppiche, Decken, Kissen und Fernseher wanderten gleich mit. Christian Buhl von der Wasserwacht Weißensee und Haustechniker Klaus Bernhard manövrierten ein Möbelstück in das moderne Pflegeheim. Als sie den schweren Kasten endlich abstellen, wischt sich Buhl den Schweiß von der Stirn. Anstrengend? Er winkt ab: 'Ich hab’ schon schwerere Gegenstände transportiert.' Damit sich Helfer, Bewohner und Ehrenamtliche zwischendurch stärken können, werden sie von zwölf Personen der sogenannten Schnelleinsatzgruppe Betreuung aus Pfronten verpflegt.
Stress auch für Senioren
In die Ostlandstraße gebracht werden müssen an diesem Tag auch elf Bewohner des Füssener Bürgerspitals. Eine 80-Jährige sitzt dort in ihrem Rollstuhl und wartet, dass das Transportfahrzeug sie abholt. 'Ich freue mich auf mein neues Zimmer', verrät die Frau. Sie sei aber froh, wenn sie dort endlich angekommen ist. Pflegedienstleiterin Olga Kleber bestätigt: 'Für die Senioren bedeutet solch eine Aktion viel Stress.' Mancher sei zudem traurig, weil er die Umgebung verlassen muss, in der er über Monate oder Jahre hinweg lebte.
Dass sich Adolf Tremmel schnell eingewöhnt, glaubt dessen Lebensgefährtin Gunda Seibold (71). Sie ist an diesem Tag immer an der Seite des 79-Jährigen. Als der sich gleich auf sein neues Bett legt, lässt Seibold den Blick durch das neue Zimmer schweifen und stellt fest: 'Es ist toll eingerichtet.' Ein 83-Jähriger hat es sich derweil auf einem Sofa in der neuen Küche bequem gemacht. Er sei erst vor kurzem im Seniorenheim eingezogen, erzählt er. Deshalb fiel es ihm nicht allzu schwer, sein altes Zimmer zu verlassen. Aber: 'Die neue Küche ist sehr groß. Daran muss ich mich erst gewöhnen.'