Die Übernahme der angeschlagenen Allgäuland Käsereien GmbH durch die skandinavische Großmolkerei Arla Foods scheitert womöglich an Ober- und Westallgäuer Bergbauern: Nur 69,6 Prozent der "Allgäuer Bergbauern-Milch Sonthofen-Schönau eG" stimmen dem Verkauf zu - nötig sind 75 Prozent. Doch Arla besteht im Moment darauf, dass alle Genossenschaften dabei sind, die Bergbauern mit mindestens 40 Millionen Kilo Milch pro Jahr.
Platzt der Deal, droht der GmbH die Insolvenz. Die träfe auch die anderen fünf beteiligten Genossenschaften. Zwei stimmten bereits mit 98 bzw. 94,7 Prozent für den Verkauf. Nun gibt Arla den Bergbauern die Chance, bei einer zweiten Versammlung – vermutlich am 12. September – erneut abzustimmen, das Ruder herumzureißen.
Entsetzen herrscht unter vielen der 657 Stimmberechtigten, als Martin Kirchmann, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft, um 0.45 Uhr das Ergebnis bekannt gibt. Danach viele Emotionen und turbulente Szenen. Einer nach dem anderen machen Funktionäre und Personalvertreter am Rednerpult ihrer Frustration Luft. Wenige reißen ganz viele in den Ruin, sagt ein Mann unter Tränen am Mikrofon. Was jetzt passiert sei, dürfe es in einer gerechten Welt nicht geben. Nach Ende der Versammlung gegen 1.30 Uhr nachts geraten sogar zwei Landwirte handfest aneinander.
Das tut mir in der Seele weh: 30 Prozent bestimmen das Schicksal für sämtliche Beteiligungsgenossenschaften, formuliert es Vorstandschef Martin Kirchmann – keine Sternstunde für die Genossenschaft. Es macht mich fassungslos, wie man so über Existenzen urteilt, sagt Allgäuland-Geschäftsführer Paul Ritter. Und er macht klar: Am 10. September wird das hoch verschuldete Unternehmen wohl kein Milchgeld mehr auszahlen, weil es derzeit keine positive Zukunftsprognose mehr gibt. Das hier ist extrem traurig, findet Torben Olsen, Geschäftsführer der Arla Foods GmbH in Düsseldorf. Es gebe nur Verlierer: die Landwirte, 400 Beschäftigte und letztlich auch Arla.
Die Bergbauern-Genossenschaft hat bei der Übernahme von Allgäuland eine Schlüsselrolle: Der Bergbauer ist für uns sehr interessant, betont Olsen. Ob sich der sehr deutsche Name international vermarkten lässt, stellt er allerdings infrage. Besser sei vielleicht ein Mountain-Cheese unter der bestehenden Arla-Käsemarke Castello. Wichtig für viele Bergbauern dürfte auch die Frage nach dem Erhalt der Betriebsstätte in Sonthofen sein. Und die beantwortet Olsen im Lauf der mehrstündigen Debatte mehrfach mit Ja.
Ob die erneute Abstimmung in etwa zwei Wochen anders ausgeht, könnte unter anderem davon abhängen, ob bisherige Gegner des Verkaufs aus der Genossenschaft bis dahin ausscheiden. Denn vermutlich stimmten gegen die Übernahme vor allem Genossen, die ihre Mitgliedschaft bereits gekündigt und/oder bei einer anderen Molkerei unterschrieben haben. Man wolle nun prüfen, ob man die vorzeitig ’rausbringe, sagt Vorstandsmitglied Hubert Rupp.
Experten überprüfen derweil auch die am Mittwochabend vorgelegten Stimmübertragungen. Aufsichtsratsvorsitzender Franz Willi appelliert an alle Verkaufsgegner, bei der nächsten Abstimmung an die Folgen für die anderen bäuerlichen Betriebe zu denken.
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