Wenn der Joghurt im Kühlregal zur Neige geht, legt der Supermarktmitarbeiter kurzerhand ein paar Paletten nach. Damit wäre der Bedarf schnell gedeckt. Die Stadt Kaufbeuren hat es da nicht ganz so einfach, will sie der Nachfrage nach Bauland nachkommen. Nach Angaben der Verwaltung im Rathaus gibt es lediglich noch fünf stadteigene Grundstücke, die für eine Bebauung mit Einfamilienhäusern vorgesehen sind. Die Kommune ist deshalb zurzeit bestrebt, das Angebot zu vergrößern. „Wir befinden uns im Wettbewerb mit den Umlandgemeinden“, so Oberbürgermeister Stefan Bosse. Die Krux: Von heute auf morgen lässt sich Bauland nicht ausweisen. Und keiner weiß sicher, wie sich die Nachfrage tatsächlich entwickelt.
Es ist nicht lange her, da hat der Bund Naturschutz der Stadt einen relativ hohen Flächenverbrauch in den vergangenen Jahren attestiert, was Bosse allerdings mit dem Vorwurf statistischer Schwächen konterte. Er betont: Auch für die Stadt gelte das Motto 'Innen- vor Außenentwicklung' – das heißt, zukünftigen Bedarf an Bauland in erster Linie durch die Nutzung bereits erschlossener Flächen zu decken. Dass beispielsweise die vielen Baulücken in der Stadt geeignet wären, in den nächsten Jahren die meisten Anfragen rechnerisch zu bedienen, bestreitet der OB gar nicht.
Aus unterschiedlichen, meist privaten Gründen ließen sich solche Areale aber oft gar nicht oder zeitnah aktivieren; zudem seien Grundstücke in Neubaugebieten besser zu vermarkten und für viele Häuslebauer einfach attraktiver.
Doch dieses Angebot zu schaffen, dauert Monate bis Jahre. Unter anderem müssen Regelwerke für eine künftige Nutzung und Bebauung geändert oder erstellt werden. Neben der politischen Diskussion gibt es Bürgerbeteiligungen und Genehmigungsverfahren dafür. Jüngst debattierten die Bauausschussmitglieder über eine freie Fläche zwischen Oberbeuren und der Kernstadt, die nach dem Willen der Eigentümer bald zum Bauland erklärt werden soll.
Wie das Ziel, nämlich ein Maximum an Bebauung, mit den Vorgaben des Gesetzgebers, etwa eine klare Trennung zwischen Siedlungsbereichen mit einem Grünzug, eingehalten werden kann, wird derzeit von der Stadtverwaltung eruiert. Auch das ist ein Grund, warum das Verfahren noch einige Zeit in Anspruch nimmt. Die Anfrage für ein privates Baugebiet im Kaufbeurer Osten scheiterte im Stadtrat wegen möglicher Konflikte durch seine Nähe zum Baudienstleistungszentrum der Firma Dobler. Die Vision eines ebenfalls privaten Wohnbauareals am Ende der Salzstraße in Oberbeuren findet wegen der sensiblen Umgebung derzeit ebenfalls kein Gefallen im Gremium.
Demografischer Wandel
Viele Gründe sprechen demnach für oder gegen Baugebiete – ob von privater oder öffentlicher Hand. Bosse räumt ein, dass es für die Stadt zudem schwierig ist, Prognosen über die langfristige Nachfrage nach Bauplätzen anzustellen. Als Beispiele nennt er neben dem demografischen Wandel die geplante Ansiedlung der Hydraulikfirma Hawe und die Diskussionen um Kaufbeuren als Bundeswehr-Standort. Die Nachfrage nach Bauland durch Hawe-Mitarbeiter etwa hänge davon ab, wie groß das Werk letztlich wird und ob das Personal vor allem aus der Region kommt oder sich hier neu niederlässt.
'Auch die Diskussion um die Verkleinerung der Bundeswehr werde nicht spurlos an Kaufbeuren vorbeigehen und beispielsweise Einfluss auf den Immobilienmarkt haben, so Bosse. All diese Entwicklungen müssten im besten Fall aber mit dem Bemühen, Bauland auszuweisen, eng vertaktet werden. 'Was wir nicht wollen, sind halb bebaute Wohngebiete', sagt er.
Dass ohnehin nicht jedes Grundstück nach einer Ausweisung als Bauland gleich zubetoniert wird, zeigt das seit zehn Jahren bestehende Baugebiet der Firma Dobler am Ende der Liegnitzer Straße. Bisher wurde es landwirtschaftlich genutzt, erst jetzt sieht das Unternehmen den richtigen Zeitpunkt für die Vermarktung.