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Bad Hindelang lebt vom und mit dem Tourismus

Ortsporträt

Bad Hindelang lebt vom und mit dem Tourismus

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    Bad Hindelang lebt vom und mit dem Tourismus
    Bad Hindelang lebt vom und mit dem Tourismus Foto: jens carsten

    Ein Urlaub ohne Nebenkosten, ohne Pollen, ohne Milben. Kneippen im heilklimatischen Kurort, oder in der allergikerfreundlichen Kinderlandhauptstadt tief durchatmen? Wer will nicht Biken, Wandern und Wintersporteln im Naturschutzzgebiet Allgäuer Hochalpen? Wo Steinadler brüten, Kälber geboren werden und sich Künstler Inspiration holen. Die Attribute der Marktgemeinde Bad Hindelang am Fuße von Iseler und Imberger Horn füllen Briefbögen, Gastgeberverzeichnisse, Ortstafeln. Doch wofür stehen die sechs unterschiedlichen Ortsteile? In welche touristische Zukunft steuern Hindelang, Vorderhindelang, Bad Oberdorf, Hinterstein, Oberjoch und Unterjoch?

    Sicher ist, dass alles fließt. Durch zwei pulsierende Adern, die Verbindungen schaffen: Die Ostrach und der Jochpass schleußen Leben durch das Tal. Noch im 19. Jahrhundert hat der Salzhandel über den Pass den dörflichen Alltag geprägt, heute rollen die Abenteuerurlauber über die 105 Kurven hinauf in das hausstaubmilbenfreie Bergdorf Oberjoch. Als im Jahr 1900 der Jochpass fertig ausgebaut war und Oberdorf den Titel > von Prinzregent Luitpold verliehen bekam, ging es merklich los mit den Sommerfrischlern, die in Gästezimmern der Bauernhäuser abstiegen, um sich die schier unendliche Ruhe zu gönnen. 1911 zählte man in Hindelang rund 1700 Gäste und 28000 Übernachtungen. Heute sind es hundert Mal so viele Gäste, aber nur 34 Mal so viele Übernachtungen, die einen Kur- und Fremdenverkehrsbeitrag von 2,3 Millionen Euro bescheren.

    Der Trend geht zum kurzen Zweiturlaub mit Sportcharakter. Heute jagen nicht mehr die Wittelsbacher im Loden-Janker, sondern die Mountainbiker in Starlight-Express-Montur durch den Bergwald am Imberger Horn. Über den neu herausgeputzten Marktplatz klappern Nordic-Walking-Stöcke, für deren Besitzer kein Sonntag mehr heilig ist. Der Fremdenverkehr mit Kur-Attitüde ist dem Abenteuer-Tourismus mit Spaßfaktor gewichen. Wellnessaufenthalte, die die neue Volkskrankheit > vorbeugen sollen, und der Besuch von >, wie dem Erlebnis-Weihnachtsmarkt, füllen die Betten.

    Der Hindelanger Heimatforscher Ulrich Berktold sieht den Jochpass als Ursache für die schon frühe Weltoffenheit des Ortes. > Heute haben hier vor allem Schreiner und Zimmerer die Bedeutung, die früher Schmiede und Gerber hatten. Die Energie, die die Ostrach für Handwerk und Holztransport lieferte, dreht heute die Turbinen der Hindelanger Wasserkraftwerke. Geblieben ist der eisige Badespaß und das romantische Viehtränken.

    Knapp 5000 Einwohner leben in den Ortsteilen. Nur 278 sind es im Bergdorf Oberjoch, das in seinen 1600 Betten die meisten Gäste im Gemeindegebiet beherbergt. Mit dem Bau des Fünf-Sterne-Superior-Hotels sollen im September 2012 weitere 278 Betten dazukommen, die 60000 Übernachtungen und 80 Arbeitsplätze verheißen. Die Vermieter in Oberjoch sind noch unentschlossen, was sie davon halten sollen. Kommen neue Gäste oder ziehen alte zur neuen Konkurrenz?

    Früh bewiesen die Oberjöchler einen Riecher für das Potenzial des Wintersports. Mit List und Beziehungen beschaffte man während des Zweiten Weltkrieges Material für ein besonderes Projekt: 1942 wurde der erste > Deutschlands in Betrieb genommen.

    Um den Sechserlift am Iseler zu realisieren, hatte sich die Gemeinde vor zehn Jahren in Schulden gestürzt, die man durch rigides Sparen und Mithilfe des Fremdenverkehrs abgearbeitet hat. Stand man 2002 noch mit 15 Millionen in der Kreide, ist der Schuldenstand 2011 bei 8,42 Millionen Euro am Tiefpunkt.

    Tiefpunkte heißen deshalb so, weil es danach wieder nach oben geht. Die Sanierung des Kurhauses steht an, das für Empfang und Information der Gäste umgestaltet werden soll: 600000 Euro. Neugestaltung der Poststraße: 200000 Euro. Busumsteigestelle in Oberjoch: 567000 Euro. Alle diese Eingriffe dienen auch dem Tourismus, sollen Gäste in die Marktgemeinde locken. Ein Kreislauf des Geldes: Kurbeiträge rein, unser Dorf soll schöner werden raus. So bleibt viel zu tun.

    Mehr über Hindelang, auch was bei der Mobilen Redaktion gestern diskutiert wurde, erscheint in den nächsten Tagen.

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