Während des Konzerts hat nichts darauf hingedeutet, dass die 4000 Zuhörer in der Big Box in Kempten besonders angetan wären. Höflich applaudieren sie nach jedem Stück, das Hubert von Goisern und seine Band spielen. Mehr nicht. Aber als sich die vier Musiker nach gut zwei Stunden und drei Zugaben verabschieden, erheben sich so ziemlich alle von den Sitzen, um ihnen im Stehen zu danken. Ein Moment, der in seiner ruhigen und feierlichen Art fast zu Herzen ging. So etwas erlebt man selten bei einem Rockkonzert.
Ja, Hubert von Goisern hat sich – zumindest bei seinem aktuellen Album 'EntwederUndOder' – fast ganz auf den Rock verlegt. Eingängigen, kraftvollen Rock. Dementsprechend schaut seine Tourband auch aus, mit Gitarre (Helmut Schartlmüller), Bass (Severin Trogbacher) und Schlagzeug (Alexander Pohn). Hubert von Goisern steuert dazu alle möglichen Instrumente bei (Maultrommel, Gitarre, Klarinette, Klavier, Akkordeon).
Die Volksmusik, aus der der inzwischen 59-Jährige stammt, klingt nur noch als Echo in dem einen oder anderen Lied nach. Meistens dann, wenn er sich die Steirische umschnallt, das diatonische Akkordeon.
Dann bekommt der von einer verzerrten Gitarre und einem satten Schlagzeug dominierte Sound plötzlich eine alpenländische Farbe, einen Hauch von Heimat – freilich ohne Tümelei. In diesen Augenblicken wirkt der Vollblutmusiker noch eine Spur authentischer, ehrlicher, gradliniger.
Aber gradlinig ist seine Musik sowieso. Nichts wirkt gekünstelt, aufgeblasen oder spektakelhaft – auch wenn er noch so virtuos die Akkordeon-Knöpfe drückt. Er wollte das sogar ausdrücklich, nach seinen etwas bombastischeren letzten Alben. Einfache Musik sollte es sein, was ja bisweilen eine komplizierte Angelegenheit ist. Aber dieser Hubert von Goisern findet den richtigen Ton, egal ob angeschrägter Walzer, laute Rocknummer oder sanfte Ballade.

Neuer Schwung, alte Stärken
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Alle Schichten und Altersklassen
Im ersten Teil des Konzertes spult er vor allem sein aktuelles Album ab. Erst später mischt er ein paar ältere Titel dazu. Es geht – wie gesagt – weitgehend ruhig zu. Selten strecken sich die Hände zum Mitklatschen nach oben. Bisweilen entsteht eine melancholische Atmosphäre. Das ist nicht nur der Musik geschuldet (etwa beim winterlichen Klarinettenstück 'Es is wias is' oder bei 'I versteh di net', diesem mit einer Litanei gekoppelten Blues).
Es sind auch die Texte, die von Glück und Unglück handeln, von Heiligen und vom Teufel. Der stimmgewaltige Barde aus Oberösterreich pflegt eine Nachdenklichkeit ohne Jammern oder Klagen. Es sind Geschichten von einem, der viel spürt und dies auf ganz eigene Weise ausdrückt.
Wenn man dies bedenkt, versteht man vielleicht die Reaktion des Publikums am Ende am besten. Eines Publikums übrigens, in dem so ziemlich alle Schichten und Altersklassen vertreten sind. Ein Gutteil von ihnen singt auch das 20 Jahre alte Liebeslied 'weit weit weg' ohne irgendeine Aufforderung. Noch so ein selten magischer Moment.
Wer Hubert von Goisern und seine Band noch einmal im Allgäu hören will, hat am Sonntag, 12. August (20 Uhr), dazu Gelegenheit. Da tritt er auf der Freilichtbühne in Altusried auf. Kartenvorverkauf bei unserer Zeitung, Telefon 01805/132 132.