1975 hatte der Bundestag die Psychiatrie-Enquete, ein rund 200-köpfiges Expertengremium, aufgefordert, die Lage der Patienten mit seelischen Erkrankungen zu begutachten. Das Ergebnis war verheerend: Von menschenunwürdigen Bedingungen in den deutschen Psychiatrien war die Rede. Und die Enquete regte Verbesserungen an. Eine der Folgen war, dass man zunehmend versuchte, schwer psychisch kranke Menschen so weit wie möglich ambulant und nicht nur stationär zu versorgen. In diesem Zusammenhang wurde 1981 die Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) in Kaufbeuren eröffnet. Diese feiert nun ihr 30-jähriges Bestehen. In dieser Zeit hat sie ihr Angebot immer weiter ausgebaut (siehe Infokasten). Heute werden im Raum Kaufbeuren/Ostallgäu und darüber hinaus wesentlich mehr Menschen ambulant als stationär versorgt.
Seit 1999 leitet Oberarzt Dr. Juan Valdes-Stauber die PIA in Kaufbeuren zusammen mit seinem Stellvertreter Dr. Karlheinz Kreil und seit 2008 zusätzlich die Außensprechstunden in Füssen und Schwabmünchen. Über 30 Fachkräfte verschiedener Berufsgruppen arbeiten in der Ambulanz: Ärzte, Psychologen, Pflegekräfte, Sozialpädagogen, Ergotherapeuten und Arzthelferinnen. Auch viele Mitarbeiter der Stationen arbeiten immer wieder ambulant. Sprich: Sie leisten ambulante Nachsorge, Kriseninterventionen oder setzen sich ins Auto und suchen ihre Patienten auf, die teils längst entlassen sind. Ganz entscheidend dabei ist, dass sich die verschiedenen Berufsgruppen, die sich übrigens ständig absprechen, an der lückenlosen Behandlung beteiligen.
Für die Bezirkskliniken Schwaben ist das 30-jährige Bestehen der Ambulanz ein Grund zu Feiern, weshalb in dieser Woche auch ein Festakt stattfindet. Wie Valdes-Stauber anmerkt, ist die ambulante Arbeit > für die Versorgung schwer psychisch kranker Menschen. Die Aktivität der Ambulanz wurde in verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten untersucht und in einschlägigen Fachzeitschriften publiziert. Leider müsse die PIA aber, weil ein erheblicher wirtschaftlicher und Versorgungsdruck auf den niedergelassenen Ärzten lastet, oft mehr Patienten mitversorgen, als es ihre personelle Ausstattung zulasse. Dies könne sich zuungunsten der ursprünglichen, gesetzlich vorgesehenen Patientengruppe auswirken. Bei der Gleichstellung von körperlich und psychisch kranken Menschen sei noch einiges nachzuholen, so Valdes-Stauber.
Der 48-jährige Deutsch-Spanier, der Medizin und Philosophie studiert hat und seit 1988 in Kaufbeuren tätig ist, wird mit der Entwicklung in Kaufbeuren allerdings künftig nicht mehr viel zu tun haben. Im Herbst wird er Chefarzt und Ärztlicher Regionalleiter für den Bereich Psychosomatik/Psychotherapie der Region Bodensee/Ravensburg. Darauf freut er sich schon. In Ravensburg hat er früher im St.-Elisabethen-Krankenhaus gearbeitet - und aus dem Ravensburger Raum kommen seine Großeltern.