Konzert: A-cappella-Band "Muttis Kinder" tritt im Kaufbeurer Stadtsaal auf

27. Juli 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Mathias Wild

"Muttis Kinder" lassen sich den Spaß am hochprofessionellen musikalischen Klamauk auch vom Allgäuer Sommer nicht verderben

"I can see clearly now the rain is gone" - zumindest musikalisch ließen "Muttis Kinder" bei ihren jüngsten Auftritten in Kaufbeuren (fast) keinen Zweifel daran, dass sie fest an das (gute) Allgäuer Wetter glauben. Ein Glaube, der leider enttäuscht wurde.

Denn dem A-cappella-Trio mit dem gebürtigen Wertachstädter Christopher Nell in seinen Reihen war es nur einmal vergönnt, vor dem Kemnater Römerturm sein hochkarätig-witziges Programm vorzustellen. Das zweite Konzert musste dann in den Stadtsaal verlegt werden. Welcher Teil der Karteninhaber nun das bessere Los gezogen hatte, ist schwer zu sagen. Die Atmosphäre auf dem Gelände der Burgspiele am Römerturm war trotz der Kälte ländlich-idyllisch. Da passte es auch bestens zur freundlichen Ironie des >-Programms, dass sich die Protagonisten Claudia Graue (eine echte Berlinerin), Marcus Melzwig (>) und Christopher Nell (inzwischen auch in der Hauptstadt beheimatet) extra in Dirndl und Lederhosen gezwängt hatten. Auf der anderen Seite hatte das - natürlich nur im Bezug auf die Lufttemperatur - kühle Kemnater Gastspiel Spuren bei den Stimmen von > am nächsten Tag hinterlassen.

Der Spielort war aber eigentlich auch egal. Denn die drei Schauspielerkollegen beherrschen die Kunst der A-cappella-Show so perfekt, dass sie ihr Publikum wohl auch in der Wartehalle des Kaufbeurer Bahnhofs begeistert hätten. Schon besagtes > entwickelte sich über ein im Hintergrund quäkendes > beziehungsweise in gleicher Melodie aber tiefem Moll intoniertem > zu >.

Dabei brillierte Graue - wie so oft an diesen Abenden - mit ihrer umwerfend kraftvollen, aber ohne jede Diven-Attitüde eingesetzten Stimme. Nells sehr weit nach oben reichender Tenor und Melzwigs Bass haben ähnliche Klasse. Die Herren sind bei > aber mehr für die Ober-, Zwischen- und Untertöne zuständig.

Außer, Melzwig und Graue verziehen sich kurz hinter den Römerturm und Nell muss ganz allein und ohne jedes Instrument die komplette > von > singen. Dabei ließ er seine Vokal-E-Gitarre ordentlich heulen und selbst die bombastischen Schlagzeug-Einsätze des Originals deutete er mit ekstatischen Gesten an.

Zwischen großer Sangeskunst und alberner Persiflage liegen bei > oft nur wenige Takte, bisweilen lassen sich die Grenzen überhaupt nicht mehr ziehen - zumal zwischen und während der Lieder auch noch reichlich geflachst wird. Was da spontan und was wohl vorbereitet ist, kann man bei den Vollblutschauspielern, die alle im ersten Fach etabliert sind, zwar nie genau sagen. (Die scheppernde Rückkopplung der Tonanlage beim Pianissimo-Schluss von > (>) in Kemnat war es auf jeden Fall nicht.)

Aber auf jeden Fall machte dieser anarchische Parforceritt durch Stile, Tempi und Tonarten unheimlich Spaß.

Da wurde etwa Chris Isaaks > so lange von Nells Vokal-E-Gitarre torpediert, bis Graue mit heulender Stimme in den Römerturm flüchtete und den Refrain aus dem Fenster im ersten Stock schmetterte. Später folgte unvermittelt die >-Melodie im Sound eines Bläserensembles. Schließlich mixten und variierten die Drei ein Medley aus Alanis Morissette-, >- und >-Liedern bis ihn zum kunstvoll zelebrierten Rap. Nell legte derweil eine neue virtuelle Platte zum Mixen auf, von der (aus seinem Mund) kurz > erklang, bevor er sie vorsichtig aber bestimmt wieder zurücksteckte.

Zum Abschluss wandelte sich > vom Kunstlied à la Schubert über viele Variationen hin zum Grusel-Song, bevor > mit tosendem Applaus verabschiedet wurden - sowohl von den Bibbernden unter dem blau angestrahlten Römerturm als auch den Trockenen im nicht ganz so spektakulären Stadtsaal.